Zurück in die Zukunft
Das Stück „Zoes sonderbare Reise durch die Zeit“ für alle ab sechs Jahren ist Sue Buckmasters erste Arbeit für das Burgtheater. Mit sehr viel Fantasie nimmt sich die britische Theatermacherin darin der Klimakrise an und möchte lieber inspirieren als belehren.
Die Weltsimulationsmaschine der britischen Theaterregisseurin Sue Buckmaster läuft derzeit auf Hochtouren. Und entpuppt sich darüber hinaus als Schleudersitz in die Zukunft. Rein bildlich gesprochen, versteht sich. Unter ständigem Zischen und Rattern entstand in Zusammenarbeit mit dem Burgtheater das Stück „Zoes sonderbare Reise durch die Zeit“, das sich mit der Zukunft unseres Planeten beschäftigt. Dafür wurde Sue Buckmasters wunderbare Illusionsmaschinerie fortwährend mit neuen Ideen, Bildern und Ansätzen gefüttert, die vom gesamten Ensemble ins Spiel gebracht wurden. Diese kollaborative Herangehensweise ist der Theatermacherin ein großes Anliegen, wie sie im Interview erklärt. „Als Regisseurin leite ich eine Gruppe von Menschen, die in ihrem jeweiligen Bereich absolute Expert*innen sind. Meine Expertise besteht darin, dieses geballte Wissen in geordnete Bahnen zu lenken“, sagt sie lachend.
Wenn man Kinder und Jugendliche damit ansprechen möchte, muss man zu einer gewissen Einfachheit finden und Bilder entwickeln, die alle Menschen erreichen.
Sue Buckmaster
Generell sind es all die komplexen, im ersten Moment oft übergroß erscheinenden Themenbereiche, die Sue Buckmaster und ihre Theaterkompanie Theatre-Rites auf Trab und in Atem halten. Das gilt auch für das Familienstück „Zoes sonderbare Reise durch die Zeit“, das die Klimakrise ins Zentrum der Handlung rückt. Dass die Premiere des Stücks fast zeitgleich mit der Weltklimakonferenz stattfand, sei, so die engagierte Regisseurin, Zeichen und Zufall zugleich. „Natürlich ist es ein komplexes Thema“, räumt Buckmaster ein. „Doch wenn man Kinder und Jugendliche damit ansprechen möchte, muss man zu einer gewissen Einfachheit finden und Bilder entwickeln, die alle Menschen erreichen.“
Authentizität als Schlüssel
Safira Robens spielt Zoe, die sie als in unserer Zeit verankerte Figur und als „ganz normales Mädchen“ beschreibt. Eine Aussage, die auf den ersten Blick paradox erscheint, da sie im Stück ja hundert Jahre in die Zukunft und auf eine geheimnisvolle Plastik-Insel katapultiert wird. Doch schnell wird klar: Die Herausforderungen, denen Zoe begegnet, sind an keine bestimmte Zeit gebunden. „Das Stück verbindet viele verschiedene Ebenen miteinander, doch vor allem geht es darum, an Herausforderungen zu wachsen, Mut zu entwickeln, aber auch Angst haben zu dürfen und Entscheidungen treffen zu müssen“, so die Schauspielerin, die seit dieser Spielzeit zum Burgtheater-Ensemble gehört.
Safira Robens hat nicht das Gefühl, dass sie ihr Spiel für ein jüngeres Publikum adaptieren müsse. „Kinder sind sehr intelligent. Deshalb glaube ich nicht, dass ich auf der Bühne anders mit ihnen kommunizieren muss“, sagt sie. „Wie Sue uns in den Proben immer wieder erklärt hat, spielt Authentizität eine zentrale Rolle. Ich halte es für wichtig, Kinder und ihre Gefühle ernst zu nehmen und ehrlich mit ihnen zu kommunizieren.“ Für Sue Buckmaster ist die emotionale Verbindung zum Publikum der Schlüssel zu einem gelungenen Theaterabend. „Während sich Erwachsene einfach zurücklehnen und ausharren, weil sie für ihr Ticket bezahlt haben, muss man sich die Aufmerksamkeit der Kinder erst verdienen. Eine wunderbare Aufgabe für die Spieler*innen!“
Proben mit Waschmaschine
Um diese besondere Verbundenheit entstehen zu lassen, setzt Sue Buckmaster vor allem auf die emotionale Involviertheit der Kinder, die ihrer Meinung nach sehr viel wichtiger ist als das Verstehen aller im Stück vorhandenen Details. „Am Schluss müssen sie keine Prüfung über den Stoff ablegen, aber ich wünsche mir, dass sie inspiriert und zu eigenen Handlungen angeregt wurden“, bringt es die Regisseurin auf den Punkt, räumt aber auch ein, dass es ihr dennoch wichtig ist, klare politische Aussagen zu transportieren. Dabei hilft ihr unter anderem ihre objektbezogene Herangehensweise an das Theater, die immer auch Puppenspiel und eine große Portion magischen Realismus inkludiert. Für Safira Robens ist das eine neue, aber sehr bereichernde Erfahrung, wie sie freudestrahlend ergänzt. Außerdem hat sie aus der gemeinsamen Arbeit mitgenommen, dass sie nun öfter mit einer Waschmaschine proben möchte. Wie das genau gemeint ist, bleibt ein Geheimnis zwischen den beiden Frauen.
Wie Theater den Klimawandel begreifbar machen kann
Das Stück „Zoes sonderbare Reise durch die Zeit" beschäftigt sich mit der Zukunft unseres Planeten. Wir haben mit Fridays for Future-Aktivistin Magdalena Frauenberger über die Bedeutung von Theater in diesem Zusammenhang gesprochen. Weiterlesen...
Die Luft wird dünn
Wenn es um die Auseinandersetzung mit der Klimakrise geht, schätzt Fridays-for-Future-Aktivistin Magdalena Frauenberger die Möglichkeiten des Theaters hoch ein. Vor allem deshalb, weil es auf der Bühne, wie auch in anderen Kunstformen, gelingt, sich auf emotionale Weise mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Viele Menschen haben die Auswirkungen des Klimawandels zwar rational verstanden, doch die emotionale Ebene fehlt“, sagt Frauenberger, die selbst schauspielerisch aktiv ist. Das liegt, wie sie weiter ausführt, auch daran, dass vor allem junge Menschen die damit verbundenen Zukunftsängste spüren. „Doch sie sitzen nicht an den politischen Hebeln“, fasst sie zusammen. Die Aktivist*innen der weltweit agierenden Bewegung werden zwar gern zu Podiumsgesprächen eingeladen, bei politischen Entscheidungen finden sie aber noch zu wenig Beachtung. Doch Frauenberger ist zuversichtlich, dass es diesbezüglich noch Luft nach oben gibt – und bald Menschen aller Generationen erkennen, dass diese für uns Erdenbewohner*innen immer dünner wird.
Zur Person: Sue Buckmaster
1963 in London geboren, absolvierte ihren Master in Contemporary Theatre Practice an der Essex University. Im Jahr 2018 verlieh ihr die Universität Essex die Ehrendoktorwürde für ihre inspirierende Führung in Theaterregie und Puppenspiel. Sie ist die künstlerische Leiterin von Theatre-Rites, eine Marionettenexpertin und Theatermacherin in 4. Generation.
Zur Person: Safira Robens
Safira Robens wurde 1994 in Herdecke geboren und studiert am renommierten Max Reinhardt Seminar. 2022 schließt sie ihr Studium ab. Seit dieser Spielzeit gehört die Schauspielerin zum Ensemble des Burgtheaters. Sie stand bereits in „Das Himmelszelt" und „Schwarzwasser" auf der Bühne.
Safira Robens wurde 1994 in Herdecke geboren und studiert am renommierten Max Reinhardt Seminar. 2022 schließt sie ihr Studium ab. Seit dieser Spielzeit gehört die Schauspielerin zum Ensemble des Burgtheaters. Sie ist unter anderem auch in „Das Himmelszelt" und „Komplizen" auf der Bühne des Burgtheaters zu sehen.