Warum inszeniert man heute absurdes Theater, Johanna Mitulla?
Am 14. Februar 2025 kommt Eugène Ionescos subversiver Theaterklassiker „Die kahle Sängerin“ auf die Bühnen des Volkstheater in den Bezirken. Regisseurin Johanna Mitulla hat uns die Titelfrage beantwortet.
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Foto: Susan Buth
Ich glaube, es war schon eine Entscheidung. Man ist als junge Regisseurin am Theater oft mit der Frage nach Position konfrontiert. Und ich bin mir sicher, dass ich all das klar darstellen kann, ohne dass ich Stoffe wähle, die sich dezidiert an gewisse politische Situationen knüpfen oder sich inhaltlich positionieren. Das Jetzt und Heute lässt sich aus diesen Stoffen sowieso nicht ausgrenzen oder rausnehmen.
Es gibt derzeit im Theater eine Tendenz zum absurden Theater oder zum Surrealismus. Gerade in unserer Weltlage, wo wir mit speziellen Situationen konfrontiert werden, ist es eine Form der Flucht. Man steht dem Ganzen hilflos gegenüber, und es gibt einfach diese große Sehnsucht nach Stoffen, die etwas befreien.
Das Stück ist definitiv ein Kontrast zum ‚Kleinen Prinzen‘, den ich davor im Volkstheater in den Bezirken inszeniert habe. Gleichzeitig hat es eine ähnliche Verspieltheit.
Ziel der ‚Kahlen Sängerin‘ ist es, möglichst zu zerstreuen, worum es geht. Absurdes Theater will Fährten legen und sie nicht zielführend gestalten. Es lebt so sehr im Moment, in Rhythmen und in Komik und natürlich in Absurdität, dass es wirklich im besten Sinne Theater ist.
Wenn man versucht, das Stück inhaltlich zusammenzufassen, könnte man sagen, es geht um ein Ehepaar, das zu Gast bei einem anderen Ehepaar ist. Es gibt noch eine Haushälterin, die immer wieder auftaucht, dann kommt irgendwann ein Feuerwehrhauptmann zu Besuch, und da geraten die Situationen ineinander.
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Uns war es wichtig, ein Stück zu finden, das breit durchs Publikum gehen kann und einen Wiedererkennungswert hat. Gleichzeitig sollte es auch nicht der absolute Kassenschlager sein, sondern einen Seltenheitswert genießen. Und so sind wir nach einem längeren Prozess auf den Dramatiker Eugène Ionesco gestoßen.
Ionesco hat sich beim Schreiben von Englischlehrbüchern leiten lassen. Die Gespräche haben die Form eines Dialogs, aber ihnen fehlt der Inhalt. Das ist eine Tendenz, die sich stark durch das ganze Stück zieht.
Ein Qualitätszeichen im Theater ist oft, wenn man alles gut verstanden hat und mit Antworten rausgehen kann oder zumindest die Handlung nachvollziehen konnte. Und das passiert in diesem Stück einfach nicht. Das fängt schon beim Titel an, der eigentlich ein Versprecher war. Man wird schon fast wütend auf die Absurdität und das ungezielte Führen darin. Wir alle suchen immer nach roten Fäden, und seien sie noch so dünn. Das wird ein bisschen die Aufgabe werden: eine Balance zu finden zwischen dem Immer-wieder-Zerstören von Erwartungen und sie gleichzeitig wieder zu pflanzen. Es ist allein ein Erlebnis, im besten Fall ein lustvolles.