Stilprägender Superlativ. Mit fünf Jahren wurde ihm an der Musikakademie ein absolutes Gehör bescheinigt. Die Single „Der Kommissar“ verkaufte weltweit sieben Millionen Exemplare. Er erreichte als einziger Interpret jemals mit einem deutschsprachigen Lied – „Rock Me Amadeus“ – die Spitze der US-Charts. Und er war der erste weiße Sänger, der Rap-Elemente in seinen Gesang einfließen ließ. Kein anderer heimischer Künstler der Populärmusik war erfolgreicher und verdiente mehr als er. Aber auch keiner polarisierte so sehr wie der am 19. Februar 1957 als einziger Überlebender von Drillingen in Wien zur Welt gekommene Johann „Hans“ Hölzel. 

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„Mich hat seine Zerrissenheit interessiert“, erklärt Regisseur Andreas Gergen, warum er sich nach „I Am From Austria“ und Rainhard Fendrich erneut mit dem Schaffen einer österreichischen Musikerlegende beschäftigen wollte. „Grundsätzlich bin ich ein Geschichtenerzähler, und bei dieser Arbeit geht es um das Psychogramm eines Künstlers, denn wir wissen aus vielen Gesprächen mit Zeitzeugen, dass der private Hans Hölzel tatsächlich ganz anders war als die von ihm erschaffene Kunstfigur Falco. Natürlich ist unsere Produktion eine Interpretation, aber diese Diskrepanz herauszuarbeiten und zu zeigen ist ein großes Ziel. Vielleicht wäre es seine Rettung gewesen, wenn er sich gemeinsam mit Isabella, mit der er ein Jahr lang verheiratet war, ins Privatleben zurückgezogen hätte. Aber eine innere Stimme oder ein Dämon hat ihm wohl zugeflüstert, er müsse weiter­machen, er gehöre doch auf die Bühne und sei kein Familienvater.“ Was sich 1993 tragischerweise bewahrheitete, als ein Vaterschaftstest ergab, dass er gar nicht der biologische Erzeuger von Tochter Bianca war. 

Von seinen Alkohol- und Drogen­exzessen, seinen schwierigen Beziehungen und diversen Versuchen, der Abhängigkeit mithilfe von Kuraufenthalten Herr zu werden, wusste in Wien jeder im ausgehfähigen Alter. 

Falco Moritz Mausser

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Aus Spaß wurde Business

Auch Christian Struppeck, VBW-Musical-Intendant und als Autor für das Buch verantwortlich, pocht auf biografische Authentizität.

„Ich habe mich eindringlich mit ihm befasst und finde es faszinierend, wie alles zustande kam. Er ist sehr jung sehr berühmt geworden, der unglaubliche Erfolg war vielleicht erhofft, kam aber völlig unerwartet. Man kann auch nicht planen, über Nacht zum Weltstar zu werden. Und er konnte mit Mitte zwanzig überhaupt nicht damit umgehen. Plötzlich steckte er in dieser Maschinerie und musste abliefern. Das nächste Album schreiben, lange Tourneen absolvieren. Das war ihm alles bald zu viel, und mich interessierte, was das mit einem Künstler macht. Er hatte ja schon beim zweiten Album ‚Junge Römer‘ eine Blockade, weil er so perfektionistisch war und meinte, er könne nicht auf Bestellung schreiben. Was aus Spaß begonnen hat, war plötzlich ein Business.“ 

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Falcos unglaublicher Erfolg war vielleicht erhofft, kam aber völlig unerwartet.

Christian Struppeck, Intendant und Autor

Diese künstlerischen Aspekte in Kombination mit seinem öffentlich dargebotenen Privatcrash sind wahrlich Stoff genug für ein Musical, das noch dazu auf die Zugkraft vieler seiner Hits – vom selbsteinsichtigen „Egoist“ bis zum mysteriösen „Jeanny“ – vertrauen kann und zusätzlich vier brandneue Songs der Original-Falco-Komponisten enthält. Wo Falco heute wäre, würde er noch leben, will sich Andreas Gergen gar nicht ausmalen – muss es auf Nachfrage aber doch. „Ich denke, er wäre wie eine langsam erlöschende Flamme immer kleiner geworden, hätte aber weiterhin versucht, Erfolg zu haben. Das wäre sehr wahrscheinlich ein trauriges Bild gewesen, weshalb man ihm seine Unsterblichkeit auch gönnen muss.“

Ihn auf der Bühne nachvollziehbar zu machen sei der Schlüssel dazu, ihn auch als Identifikationsfigur sehen zu können, meint der Regisseur. „Es wäre mir wirklich ein Anliegen, dass das Publikum nach der Vorstellung den Eindruck gewonnen hat, diesen Charakter nun besser verstehen zu können.“

Für die Umsetzung dieses Wunsches ist u. a. Moritz Mausser zuständig, der Falco alias Hans Hölzel verkörpern wird und dem mit Granden wie Tania Golden, Katharina Gorgi, Andreas Lichtenberger, Franz Frickel, Alex Melcher oder Martin Enenkel erfahrene Bühnenpartner*innen zur Seite stehen. 

Alterskarriere & „Tannhäuser“

Andreas Gergen ist wahrscheinlich als Regisseur auch deshalb so vielbeschäftigt, weil er die Sorgen und Ängste, aber auch die Euphorie der Darsteller*innen verstehen kann, war er doch vor der Zweitkarriere selber ein sowohl auf der Bühne als auch im Fernsehen erfolgreicher Schauspieler. „Ich habe aber parallel dazu gemeinsam mit Christian Struppeck und Gerald Michel auch eine Firma gegründet und sowohl zu produzieren als auch zu inszenieren begonnen. Eine Zeitlang hat mich mein Darstellersein noch begleitet, aber 2007 habe ich dann meine letzte Rolle gespielt.“ 

Fehlt ihm die Bühne manchmal – und wäre eine Rückkehr auf selbige für ihn denkbar? Andreas Gergen lacht laut. „Ja, ich könnte mir vorstellen, irgendwann eine kleine Alterskarriere zu starten.“ Sechs Jahre lang war er übrigens auch Operndirektor am Salzburger Landestheater, aktuell genießt er die Freiheit eines ungebundenen Regisseurs. 

Intendanten aufgepasst, einen Wunsch hätte der umtriebige Geschichtenerzähler doch noch: „Ich würde sehr gerne einmal ‚Tannhäuser‘ inszenieren. Denn auch das ist eine Künstlerbiografie mit einer dunklen Seite und einem mit der Gesellschaft in Konflikt geratenden Protagonisten.“ Wie Falco.

Zur Person: Andreas Gergen

studierte Schauspiel in Berlin, trat an unterschiedlichen Bühnen auf und spielte in der TV-Serie „Familie Heinz Becker“. Parallel dazu begann er zu inszenieren, leitete später das Berliner Schlossparktheater und war sechs Jahre lang Operndirektor am Salzburger Landestheater. Seit 2017 ist er freischaffender Regisseur für Oper, Operette, Musical und Sprechtheater. Heuer inszenierte er mit großem Erfolg „Mamma Mia!“ in Mörbisch.