Corpus Delicti von Juli Zeh
Ein alles kontrollierendes System, Biopolitik und „Gesundheitsdiktatur“: Mit diesen Themen befasst sich das kritische Theaterstück „Corpus Delicti“ von Juli Zeh, das 2009 als Roman erschienen ist. Eine Zusammenfassung.
Inhalt
Ein neues Rechtssystem mit dem Namen "METHODE" beherrscht die Gesellschaft. Die Gesundheit der Menschen soll an oberster Stelle stehen, weshalb allen in diesem System gewisse Protokolle über ihre Ernährung, Sport usw. abverlangt werden. Bei Verstößen gibt es auch rechtliche Konsequenzen, so auch bei der Protagonistin Mia Holl.
Mia trauert um ihren verstorbenen Bruder, der für einen Mord verurteilt wurde, den er womöglich nicht begangen hat. Aufgrund ihrer Nachlässigkeit mit den Gesundheitsberichten wird Mia vor Gericht gestellt. Ihr Anwalt Lutz Rosentreter rollt dort auch den Fall ihres Bruders neu auf und plädiert für dessen Unschuld. Mia wendet sich schließlich vollends gegen die METHODE, in dem sie ihr mangelhaftes Vertrauen in das System kundtut. Anhand fingierter Beweise wird ihr ein versuchter Terroranschlag angelastet, den sie aber auch unter Folter nicht gesteht. Zuerst lautete das Urteil Todesstrafe, in dem Fall Einfrieren auf unbestimmte Zeit, doch am Ende wird Mia doch einem Resozialisierungsprogramm unterstellt.
Werkgeschichte
Juli Zehs Roman erschien 2009 im Verlag Schöffling & Co. Ursprünglich war der Text ein Theaterstück im Auftrag der RuhrTriennale.
Als Vorbild ist der Sci-Fi-Film Demolition Man zu nennen, aus dem Zeh einige Aspekte übernimmt, zum Beispiel die Strafe des Einfrierens. Auch im Film geht es die "Gesundheit" des Menschen, dem gewisse "ungesunde" Dinge untersagt sind.
Zeh will mit ihrem Roman auf mögliche Missstände im Staat aber auch im Leben des Einzelnen hinweisen und vor zu viel Kontrolle warnen, die zu einer diktatorischen Staatsform führen könnte. Die Sorge um die Bürger und Bürgerinnen könnte von der Regierung nur vorgeschoben werden, um Macht zu generieren. In einem Artikel in der Zeitschrift Focus zieht die Autorin auch Parallelen zur Coronapandemie und der staatlichen Handhabung dieser Situation.
2020 schrieb sie ein weiteres Buch mit dem Titel Fragen zu „Corpus Delicti“: Wann wird der Begriff der „Gesundheitsdiktatur“ von der Polemik zur Zustandsbeschreibung? , wo sie über ihren Roman Auskunft gibt.
Aufführungsgeschichte
Uraufgeführt wurde der Text als Theaterstück bereits 2007 in Essen.
Corpus Delicti wurde vielfach auch danach noch als Theaterstück inszeniert. So zum Beispiel letztes Jahr im Stadttheater Bremerhaven oder am Deutschen Theater Göttingen unter dem Titel Die Methode. Am Schauspielhaus Frankfurt wurde der Roman als "Klassenzimmerstück ab 15 Jahren" aufgeführt.
2013 wurde das Stück erstmals in Österreich aufgeführt, nämlich im Theater Drachengasse als "Wiener Fassung" unter der Regie von Andrea Hügli.
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