Was wir brauchen? Supergute Tage!
Als Buch war „Supergute Tage“ ein Weltbestseller. Als Theaterstück ebenso. Jetzt kommt der Krimi über einen Jungen, der die Welt ein bisschen anders sieht, nach Wien ans TdJ. Wir haben die Regisseurin in Köln getroffen.
Es ist der perfekte Text. Und er beginnt so: „Es war 7 Minuten nach Mitternacht. Der Hund lag mitten auf dem Rasen vor Mrs Shears’ Haus, und seine Augen waren geschlossen. Obwohl er auf der Seite lag, sah es aus, als würde er rennen, so wie Hunde rennen, wenn sie im Traum einer Katze nachjagen. Aber dieser Hund rannte weder, noch war er am Schlafen. Er war tot. Eine Mistgabel ragte aus dem Fell hervor.“ So beginnt Mark Haddons Weltbestseller „Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“. Ein Meisterwerk der Kinder- und Jugendliteratur, das auch jederzeit eine Erwachsenenlektüre für einen verregneten Sonntag sein kann. Preise hat es in beiden Kategorien gewonnen.
Inhalt: Christopher ist ein wenig anders als die meisten anderen Menschen. Er hasst es, angegriffen zu werden. Er liebt Mathematik. Unterschiedliche Lebensmittel dürfen sich auf seinem Teller nicht berühren, damit er sie verzehren kann. Als er verdächtigt wird, den Hund der Nachbarin ermordet zu haben, beschließt er, allein auf Mörderjagd zu gehen. Logisch, ist er doch ein echter Superfan von Sherlock Holmes.
Theater der Jugend: Diversität als Priorität
Diversität wird im Theater der Jugend großgeschrieben. Hinter den Kulissen und auf der Bühne. Vom kleinen dicken Ritter bis zu Quasimodo. Und das ist gut so. Weiterlesen...
Neues Talent für Bühnenhit
2012 feierte das Theaterstück in London Premiere und gewann aus dem Stand sieben Laurence Olivier Awards. Bis heute ist das Stück – in England und derzeit in Irland auf Tour – fast immer ausverkauft. Und jetzt kommt es endlich in die Dependance des Theaters der Jugend, das Theater im Zentrum im 1. Bezirk. Dort, in der Liliengasse 3, hat es am 26. April Premiere.
Regie führen wird Carmen Schwarz. Sie gehört zu jenen spannenden jungen Talenten, für die der Direktor des Hauses ein extrem gutes Händchen hat. Die gebürtige Münchnerin, die am Mozarteum studiert hat und derzeit in Köln lebt, beeindruckte jüngst in Konstanz. „Eine wahre Herzensangelegenheit mit Tiefgang“ schrieb die Kritik über ihre Inszenierung von „All das Schöne“.
Chemie wollte Schwarz ursprünglich studieren: „Ich habe mir das super vorgestellt: in einem weißen Kittel im Labor zu stehen und Sachen herauszufinden …“ Theater, das große Menschenlabor, ist ein nicht unähnliches Betätigungsfeld.
Zur Person: Carmen Schwarz
Zuletzt inszenierte die Regisseurin „All das Schöne“ in Konstanz. Nun kommt sie in das Theater im Zentrum. „Supergute Tage“ beruht auf dem gleichnamigen Bestseller Das Stück feiert im April Premiere im Theater im Zentrum.
Einfach einmal ausprobieren
Theaterfan war sie als Jugendliche, Teil einer Freundesgruppe, die zumindest einmal im Monat ins Theater ging. Nach dem Abitur „sagten mir dann Menschen, dass man das mit dem Theater auch beruflich machen könne“, wie sie grinsend im BÜHNE-Interview erzählt. Sie beginnt zu hospitieren, „aber ich habe mich in allererster Linie für die Menschen am Theater interessiert und was so hinter dem Vorhang passiert. Das mit der Regie kam erst später.“ Thomas Birkmeir, den Intendanten des TdJ, lernt sie bei einer Assistenz kennen, als dieser in München inszeniert. „Seit damals bestand das Angebot, dass wir es mal gemeinsam ausprobieren, und jetzt ist es so weit.“
Und das Publikum darf sich auf dieses wunderbar britische Stück freuen, das über weite Teile auch herzerfrischend inkorrekt ist. Zitat: „Hunde sind klüger und interessanter als bestimmte Menschen. Wie Steve zum Beispiel, der jeden Donnerstag in die Betreuung kommt und der beim Essen Hilfe braucht und nicht mal einen Stock apportieren kann. Siobhan hat mich gebeten, so etwas nie zu Steves Mutter zu sagen.“
Mir ist es wichtig, Christophers Perspektive und Sprache, wie es ja auch im Roman geschieht, mit inszenatorischen Mitteln in den Vordergrund zu rücken.
Carmen Schwarz
Eine andere Szene, die Christophers etwas andere Sicht auf die Welt zeigt, ist die, als er verhaftet wird. Der Grund: Christopher hat einen Polizisten attackiert, als dieser ihn berührt hat: „Der Polizist starrte mich eine Weile schweigend an. Dann sagte er: ‚Ich werde dich jetzt wegen tätlicher Bedrohung eines Polizeibeamten festnehmen.‘ Da war ich erst einmal beruhigt, denn genau das sagen Polizisten im Fernsehen und im Kino ja auch immer.“
An einer anderen Stelle sagt Christopher: „Das wird kein lustiges Buch. Ich kann keine Witze erzählen, weil ich sie nicht verstehe.“ Das kann man eigentlich, wie eingangs erwähnt, nicht mehr viel besser machen oder formulieren.
Christophers Perspektive
Im Jahr 2013 fand die Uraufführung auf Deutsch in Dresden statt.
Carmen Schwarz: „Mir ist es wichtig, Christophers Perspektive und Sprache, wie es ja auch im Roman geschieht, mit inszenatorischen Mitteln in den Vordergrund zu rücken. Dafür ist die Fassung von Simon Stephens eine hervorragende Basis.“
Dabei wurden – auch das ist höchst erfreulich – keine zielgruppenbedingten Anpassungen vorgenommen. Carmen Schwarz: „Ich bin der Meinung, dass gutes Kindertheater im besten Fall für alle Altersgruppen gutes und mitreißendes Theater ist.“
Dem kann man nur zustimmen und sich fragen, wie der Bühnen-Christopher die verschiedenen Akte nummerieren wird. Im Buch hat er es wie folgt gelöst: „Buchkapitel überschreibt man normalerweise mit den Kardinalzahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und so weiter. Ich jedoch habe beschlossen, meine Kapitel mit den Primzahlen 2, 3, 5, 7, 11, 13 usw. zu überschreiben, weil ich Primzahlen klasse finde.“