Im ersten Moment erscheint es absurd, sich diese Frage überhaupt zu stellen. Schließlich gilt: Mit dem Vorhang beginnt und endet die Theatervorstellung, er ist die Klammer, gibt dem Bühnengeschehen einen groben Rahmen. Allerdings ist es so, dass das im zeitgenössischen Theater häufig nicht mehr ganz so zutreffend ist. Licht, Sound oder auch die Worte oder Gesten der Darsteller*innen können eingesetzt werden, um Anfang oder Schluss einer Inszenierung zu markieren. Manchmal wird der Vorhang aber auch aktiv in die Produktion eingebunden, wie es beispielsweise bei Anita Vulesicas Akademietheater-Inszenierung „Der Raub der Sabinerinnen“ der Fall ist.

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Der Vorhang in der Geschichte

Das Theater der griechischen Antike musste naturgemäß ohne Vorhang auskommen, schließlich fand es im Freien statt. Mit der sogenannten Kulissenbühne (oder auch Gassenbühne) kam der Hauptvorhang aus Italien in den deutschen Sprachraum. Auch im Jesuitentheater und im Volkstheater wurde er eingesetzt. Vorhanglos blieb beispielsweise jedoch Shakespeares „Globe“. Ab dem 18. Jahrhundert wurde der Hauptvorhang auch dafür verwendet, Aktschlüsse zu markieren. Im 20. Jahrhundert veränderten sich Aussehen und Funktion mehrfach, er tauchte zum Beispiel als halbhohe Brecht-Gardine wieder auf, zuweilen wurde er auch ganz weggelassen. Das gezielt eingesetzte Spiel mit dem Vorhang geht häufig mit dem Wunsch einher, die sogenannte vierte Wand aufzubrechen. Der deutsche Regisseur Peter Zadek war einer der ersten, der den Vorhang wegließ und auch den Zuschauer*innenraum nicht verdunkelte.

Im höfischen Theater nahm der Vorhang auch die Funktion eines Statussymbols ein. Seine repräsentative Kraft ist in vielen Stadt- und Staatstheatern auch heute noch zu spüren.

Claus Peymann macht sich Sorgen
Er will nur spielen. Claus Peymann und der Vorhang im Theater in der Josefstadt.

Foto: David Payr

Der eiserne Vorhang

Der „Eiserne“ ist eine Brandschutzvorrichtung, die als Folge des Wiener Ringtheaterbrands 1881 allgemein eingeführt wurde. Im Falle eines Brandes trennt er Zuschauer*innenraum und Bühne luftdicht und feuerfest voneinander. Häufig ist der eiserne Vorhang kunstvoll gestaltet.

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Applaus

Auch beim Applaus spricht man von „Vorhängen“. Er ist sozusagen ein Maß für den Beifall, weil jedes vom Publikum mit Klatschen eingefordertes Wiederauftauchen des Ensembles als „Vorhang“ gezählt wird. Natürlich gibt es in diesem Zusammenhang auch Rekorde: Am 24. Februar 1988 wurden an der Deutschen Oper in Berlin nach dem Auftritt Luciano Pavarottis als Nemorino in Donizettis „Liebestrank“ 115 Vorhänge gezählt, bei 67 Minuten ununterbrochenem Applaus.