Sie hätte gerne, dass Theater unruhig macht, sagt Rieke Süßkow. Als temporäres Gegenüber auf der anderen Seite des Tisches geht sofort das Radar für Widersprüche los. Im Gespräch strahlt Rieke Süßkow nämlich vor allem Lebendigkeit und Leidenschaft für die Sache aus – gewissermaßen also die beliebteren kleinen Schwestern der eben erwähnten Unruhe.

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Die frisch gebackene NESTROY-Preisträgerin steckt zum Zeitpunkt unseres Interviews mitten in der Probenarbeit für die Uraufführung von Peter Handkes im März 2022 erschienenem Text „Zwiegespräch“. Am 8. Dezember findet im Akademietheater die Premiere statt.

Da wäre eine gewisse Unruhe schon verständlich. Rieke Süßkow meint das jedoch ganz anders. Nämlich so: „Unruhe entsteht für mich über Erlebnisse, die tiefer gehen. Ich möchte das Publikum eher verwundern, als Antworten zu liefern.“

Wie sich das auf der Theaterbühne ausdrückt, hat Rieke Süßkow unter anderem mit „Oxytocin Baby“ am Schauspielhaus gezeigt – einer feministisch-musikalischen Verschmelzung von innovativer Guckkastenbühne und Kasperletheater zum Thema Schwangerschaftsabbruch. „Ich habe mir bei diesem Stück unter anderem die Frage gestellt, wie es gelingt, das Gefühl, dass man nicht selbstbestimmt ist, zu greifen zu kriegen, ohne es auszusprechen. Ich wollte, dass man es mit den Spieler*innen mitfühlt.“

Dieser fantasievolle und sinnliche Zugang zu Theater begleitet die Regisseurin schon seit ihren Anfängen.

Zwiegespräch
Elisa Plüss und Maresi Riegner in „Zwiegesrpäch" im Akademietheater.

Foto: Susanne Hassler-Smith

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Angst vor dem Verschwinden

Wenn Rieke Süßkow mit einem Text in einen Dialog tritt, ist dieser Prozess von umfassender Recherchearbeit begleitet, im Zuge derer sie sich auch mit den Biografien der Autor*innen beschäftigt. Und natürlich auch mit dem Text selbst, den sie mehrmals, manchmal auch gemeinsam mit Kolleg*innen, liest. „Für mich steckt ein großer Reiz darin, Dinge, die unter der Oberfläche brodeln, freizulegen. Ich nehme die Texte sehr ernst, versuche aber trotzdem, eigene Welten zu erschaffen“, erzählt Süßkow. Handkes Text, der zwar „Zwiegespräch“ heißt und scheinbar der Unterhaltung zweier Männer am Ende ihres Lebens folgt, könnte, so Süßkow, aber auch ein innerer Monolog oder Zwiespalt sein. Den Text hat sie in ihrer Inszenierung auf fünf Spieler*innen aufgeteilt.

„Für mich ist es ein hadernder und zaudernder Text“, bringt es die Regisseurin auf den Punkt. Eine kurze Pause durchbricht ihren Redefluss, dann setzt sie fort: „Dieses Ringen mit sich selbst, aber auch zwischen den Generationen spürbar zu machen ist mir bei dieser Arbeit sehr wichtig.“ Außerdem ist es für sie ein Text, in dem es unter anderem um die Angst vor dem Verschwinden, um den Verlust der eigenen Stimme, aber auch um das Erbe und die Frage, was man an die nächste Generation weitergibt, geht. „Im Zentrum steht nicht nur die Unerträglichkeit dessen, dass die Zeit vergeht, sondern auch das Unheimliche daran, dass die Zeit ewig da ist – dass Teile von uns von unseren Ahnen bestimmt sind“, sagt Süßkow. Ein unruhiger Text, könnte man vielleicht sagen. Im besten Sinne des Wortes.

Das Ensemble:

Martin Schwab: Kammerschauspieler, Ehrenmitglied des Burgtheaters und Träger des Goldenen Ehrenzeichens der Stadt Wien.

Branko Samarovski: Der gelernte Schlosser ist seit 1991 am Burgtheater, aber auch in vielen Film- und TV-Produktionen zu sehen.

Maresi Riegner hat schon einen NESTROY in der Tasche und ist seit der Spielzeit 2020/21 fix im Burgtheater-Ensemble.

Elisa Plüss: Die gebürtige Schweizerin ­gehörte zum Ensemble des Zürcher Schauspielhauses. 2021 wechselte sie nach Wien.

Hans Dieter Knebel begann seine Laufbahn 1978 am Schauspielhaus Bochum. Er war unter anderem Mitglied des Wuppertaler Tanztheaters.

Zu den Spielterminen von „Zwiegespräch“ im Akademietheater!