Nina Stemme: Götterkraft und neue Rollen
Sechsmal „Der Ring des Nibelungen“: Nina Stemme ist die Brünnhilde, wenn die Wiener Staatsoper im Mai zwei Durchgänge von Wagners germanischer Götter-Tetralogie spielt.
Mit „Hojotoho!“ steigt sie in den „Ring“. Nachdem sie den Weltenbrand gelegt hat, tritt sie ab. Brünnhilde ist eine starke Frau. Solche Frauen brauchen auch starke Interpretinnen, wie Nina Stemme. Ihre Kraft schöpft die schwedische Hochdramatische während der aktuellen Proben und der Vorstellungen dabei vor Ort, denn „natürlich bleib ich in dieser Zeit in Wien. Ich möchte auch mithelfen, um die vielen neuen Kollegen in das einzuführen, was wir damals erarbeitet haben.“ Damals war 2007 und Stemme noch die Sieglinde in der „Walküren“-Premiere, in der gleichen Saison kam die Brünnhilde im neuen „Siegfried“, ihre erste Wiener „Götterdämmerung“ folgte 2013.
Brünnhilde ist in jedem der drei Teile im Grunde eine neue Rolle, wie bringt man die auf einen Nenner? „Ich versuche, die menschlichen Seiten aufzugreifen, aber das kann man erst, nachdem man das ‚Hojotoho‘ in der ‚Walküre‘ hinter sich gebracht hat. Am Anfang kennt Brünnhilde kein Mitleid, keine Empathie. Das lernt sie erst durch die Liebe anderer. Dann erst versteht sie auch, was ihr göttlicher Vater für Probleme mit Macht und Liebe hat. Aber das dauert ein paar Stunden. Sie ist Liebende im ‚Siegfried‘, Betrogene in der ,Götterdämmerung'. Sie durchleidet alles, was ein Mensch in einem Leben im schlimmsten Fall durchleiden muss."
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Am wenigsten hat sie im „Siegfried“ zu singen, erst am Ende und dann eine knappe halbe Stunde. Aber auch die Kürze hat ihre Tücken: „Für mich enthält ‚Siegfried‘-Brünnhilde viel mehr, als ich gestalten kann. Sie kämpft für und gegen ihre Liebe zu Siegfried und gegen seine Hormone. Sie ist auch Politikerin, hat zugleich diesen größeren Plan in Kopf und Herzen. Es ziehen schon die Götterdämmerungsnebel herauf. Aber das ist nur im Text, und man hat keine Zeit, das emotional zu gestalten. Das ist typisch für Wagner, man darf nie weilen in einer Emotion, man muss einfach weiter!“
Bei Wagner, bei Strauss sitzt das Orchester gern in Riesenbesetzung im Graben. Doch auch da gibt es Unterschiede. Wie anders ist hier Wien? „Die spielen lieber ein bisschen lauter“, so Stemme, „aber ich mag es, wenn ich das Orchester höre und mich anpassen kann, dann bin ich selber auch nicht zu laut.“
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Nächste Saison stehen Isolde, Elektra, ein Liederabend und ein Rollendebüt auf dem Wiener Plan, wenn sie ihre erste Ortrud im „Lohengrin“ singt: „Es ist die Zeit für mich, in diese Partien einzusteigen. Ich habe vor kurzem auch meine erste Kostelnička in der ‚Jenůfa‘ gesungen. Es ist ein natürlicher Schritt. Es gibt ein paar Rollen in diesem Fach, die ich noch gerne singen würde. Vielleicht kommt auch eine Klytämnestra, aber da muss man den richtigen Zeitpunkt abwarten.“
Derzeit studiert sie mit Emilia Marty in Janáčeks „Věc Makropulos“ ihre nächste tschechische Rolle ein und findet es „wunderbar schwierig, so etwas mit einem guten Sprachcoach zu lernen“. Selbst wenn es noch kein konkretes Auftrittsdatum gibt, denn, so die 59-jährige Sängerin, „mein Kalender ist noch voll mit Elektras und Isolden“.