Regisseur Dirk Schmeding über „Die stumme Serenade“ in der Kammeroper
„Aberwitzig gut geschrieben, mit pointierten Dialogen und zauberhaften Charakteren“ – Regisseur Dirk Schmeding hat in seiner Inszenierung vor allem eines vor: Die Vorzüge des Stücks „anzuwürzen.“
Erich Wolfgang Korngolds letztes Bühnenwerk war kein durchschlagender Erfolg und wurde in Österreich noch nie aufgeführt. Warum ist jetzt die Zeit dafür?
Erstmal würde ich festhalten wollen, dass „Die stumme Serenade“ zur Uraufführung ein großer Publikumserfolg war. Die Kritik hat sich mit der Einordnung dieses kleinen Werkes allerdings schwergetan, vielleicht weil es schon etwas anachronistisch klang. Korngold beschwört in seiner Musik eine vergangene Zeit herauf: die 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts, die ja interessanterweise auch in anderen Medien derzeit eine große Renaissance erleben. Eine Zeit immenser politischer Umbrüche, die die Kunst aber zu wahren Funkenflügen animiert hat. Vielleicht sind wir diesem Stil heute wieder näher und stellen uns wieder ähnliche Fragen. Ich persönlich war nach der Sichtung des Materials einfach total angetan von den theatralischen Qualitäten der „Stummen Serenade": von ihrem Tempo, ihrem musikalischen Einfallsreichtum, den pointierten Dialogen und zauberhaften Charakteren. Und tatsächlich erleben wir in den Proben ein irrwitzig gut geschriebenes Stück, dessen Vitalität total ansteckend wirkt.
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Die grotesk-witzige Handlung des Stücks wirkt wie ein theatralischer LSD-Trip. Was hat Sie daran interessiert?
Die Hauptfigur des Stücks: das „gar nicht so tapfere Schneiderlein“ mit dem wundervollen Operettennamen Andrea Coclé! Dass einem Schneider Dinge zugetraut werden, die er so gar nicht vollbracht hat, ist ja schon bei den Gebrüdern Grimm so. Aber die unerwartete Karriere, die Signor Coclé in der „stummen Serenade" hinlegt, vom angesagtesten Modeschöpfer Neapels über den politischen Häftling zum Ministerpräsidenten wider Willen ist schon außerordentlich. Dabei ist er eigentlich ein liebenswerter Angsthase; jemand, der sich nur in seiner Kunst auskennt, dem die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung den Schweiß auf die Stirn treibt. Dieser Antiheld stolpert staunend, ein wenig wie ein Charlie Chaplin, in rasantem Tempo von einer Misere in die nächste. Am Ende, und das ist eine durchaus pikante Pointe, paktiert er sogar lieber mit dem Kriminellen Carlo Marcelini, damit er seine „liebe Ruhe“ hat. Eine durchaus aktuelle Figur.
Können Sie uns Ihr Regiekonzept ein wenig näher bringen? Worin bestehen die Eckpunkte Ihrer Inszenierung?
Korngold schrieb „Die stumme Serenade“ in den späten 40ern für den Broadway, und aus diesem kleinen Stück spricht für mich die große Sehnsucht eines höchst erfolgreichen Filmkomponisten, endlich wieder für die Bühne schreiben zu dürfen. Dieses „Bühnenheimweh“ merkt man in jedem Takt und dem wollten wir auch szenisch Raum geben. Mit dem Begriff „Konzept“ tue ich mir in diesem Zusammenhang aber durchaus schwer, weil es mir zu vergrübelt klingt. Wir versuchen, dieses Stück anzuwürzen, hier und da etwas zu entstauben, die grotesken Momente zu stärken und auch mit den Mitteln der amerikanischen Revue die schnellen Umschwünge des Stücks zu bedienen. Wenn es uns gelingt, wird es hoffentlich ein spritziger Rausschmeißer am Ende der ersten Saison des neuen MusikTheaters an der Wien.
Die Kammeroper ist ein eher intimer Rahmen. Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?
Natürlich schränkt einen der intime Rahmen in der Bildfindung ein, wenn man ein Stück vor sich hat, das eigentlich nach vielen Verwandlungen verlangt. Aber sowas beflügelt ja immer die Phantasie, und gerade, weil man nicht alles ausformulieren kann, bleibt der Zugriff auf „Die stumme Serenade“ hoffentlich ein ganz leichter. Und auch wenn so eine temporeiche Komödie mit vielen Kostüm- und Maskenwechseln auf das Genaueste durchgeplant sein muss, hoffe ich, dass sie doch den Geist der Improvisation atmen wird.
Einen Großteil der Besetzung machen österreichische Künstler*innen aus. Hat das einen bestimmten Grund oder ist es Zufall?
Seit ihren Anfängen lebt die Operette auch von Lokalgrößen, ihren „Stars“, den Darsteller*innen, die mehr auf die Bühne bringen als nur ihre Rollenbiographie. Die Castingdirektion am MusikTheater an der Wien hat hier wirklich ganze Arbeit geleistet und ein wunderbares Ensemble zusammengestellt, in dem aber auch die „Frischlinge“, drei Studierende der MUK und des Performing Center Austria, nicht unerwähnt bleiben dürfen. Allesamt die besten szenischen Anwälte für die „Stumme Serenade“.