Martina Ebm: „Mag es, Frauen zu verkörpern, die für etwas kämpfen“
Einmal Drama, einmal Komödie: Martina Ebm hat im Herbst zwei Premieren im Theater in der Josefstadt. Die Schauspielerin sprach mit der BÜHNE über ihr TV-Image und den Mut, Dinge auszuprobieren.
Fokussiert in ihrer Arbeit. Mit einem großen Gespür dafür, wie sie auf jemanden wirkt. Umgänglich, aber auch ein wenig unnahbar. So wirkt Martina Ebm, als die BÜHNE sie im Theater in der Josefstadt fotografiert. Da wird ein Schminkmantel unverhofft zum Accessoire, in das sie sich wie zum Schutz einhüllt, mit dem sie dann aber wieder neckisch vor einem Spiegel posiert. Erotisch, aber nicht aufdringlich.
Lustvoll widerspricht Martina Ebm somit dem Bild, das Zuseher der Fernsehsendung „Vorstadtweiber“ vor allem in der ersten Staffel von ihr hatten, in der Ebms Figur Caro als hungrige Verführerin wahrgenommen wurde. Auch wenn die Serienheldin im Laufe der Staffeln ein tiefgründigerer Charakter wurde, hat sich Ebm von dieser verabschiedet und widmet sich ihren Rollen am Theater in der Josefstadt ebenso wie neuen Herausforderungen im TV.
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Enorme Spielfreude und wenig Probenzeit
Der Oktober bringt dabei gleich zwei Premieren für sie: erstens „Geheimnis einer Unbekannten“ nach Stefan Zweig über Marianne, die einem Schriftsteller über Jahre verfallen ist, ohne dass dieser es überhaupt bemerkt. Zweitens die Bühnenfassung des Filmhits „Monsieur Pierre geht online“ in den Kammerspielen über einen älteren Herrn, der in einem Online-Dating-Portal sein Glück versucht, bis die hübsche Flora, eben Ebm, ihn treffen möchte (Geschichte auf S. 44).
Die Zweig-Adaption von Christopher Hampton, der auch inszeniert, war ursprünglich bereits für März vorgesehen, die Premiere fiel coronabedingt ins Wasser. Nun hatten Martina Ebm und Michael Dangl nur wenig Probenzeit, um wieder in die Rollen zu finden. „Aber die Spielfreude ist enorm, und ich kann es kaum erwarten, wieder auf der Bühne zu stehen“, sagt Ebm und strahlt.
Sie hofft, dass die Figur „aus dieser ungewollten großen Pause in mir dazugewonnen hat“, ja, dass der Blick auf diese noch schärfer und klarer geworden sei. Marianne sei ihr mittlerweile sehr nahe, manchmal denke sie noch beim Einschlafen über ihre Probleme nach, erzählt Ebm. „Immer wieder taucht sie in mir auf, ich stelle mir Fragen aus ihrer Perspektive und versuche, diese zu beantworten.“
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Keine Verführerin
Sie hofft, dass sich die Figur durch dieses Weiterarbeiten „setzt und somit selbstverständlicher in der Bebilderung wird“. Schon in ihrer Jugend hatte ihr ein Freund die Novelle „Brief einer Unbekannten“ von Stefan Zweig geschenkt, seit damals fasziniert sie die Protagonistin, die von Kindheit an in einen Nachbarn verliebt ist. Innerhalb von zehn Jahren gibt es drei – auch erotische – Begegnungen zwischen den beiden, die Mariannes Leben auf den Kopf stellen und aus denen ein Kind hervorgeht, denen Stefan aber keine Bedeutung beimisst.
Hampton lässt seine Bühnenadaption, die er „Geheimnis einer Unbekannten“ nennt und die nun in der Übersetzung von Daniel Kehlmann ihre Uraufführung erlebt, in der Mitte der Handlung von Zweigs Novelle beginnen und erzählt via Flashbacks und Vorausschau die Geschichte einer tragischen Liebe.
Sich einem Mann ganz hinzugeben, ihm das eigene Leben unterzuordnen. Ich weiß nicht, ob ich das könnte."
Wenn Martina Ebm von ihrer Figur spricht, leuchten ihre Augen, die wirken, als könne man durch diese tief in sie hineinschauen: „Marianne liebt Stefan ohne Wenn und Aber. Ihr Leben funktioniert durch ihn, er macht es lebenswert – und zerstört es. Ich finde diese Aufopferung faszinierend, sich einem Mann ganz hinzugeben, ihm das eigene Leben unterzuordnen. Ich weiß nicht, ob ich das könnte, aber es beeindruckt mich jedenfalls sehr.“
Auch, dass Marianne klar ausspricht, worum es ihr geht, gefällt Ebm: „Sie hat jahrelang geschwiegen, jetzt ist es ihr nicht mehr möglich. Sie möchte in seiner Erinnerung bleiben, möchte von ihm erkannt werden.“ Verführerin sei sie dabei keine: „Sie kommt nicht zu Stefan, um zu verführen, sie kommt, um ihre Seele zu erleichtern.“ Dass Ebm seit 2017 Mutter von Zwillingen, seit 2019 eines dritten Kindes ist, hilft ihr bei der Gestaltung der Rolle. „Ich verstehe die unfassbare, bedingungslose Liebe einer Mutter. Ich weiß nicht, ob ich das vorher verstanden hätte.“
Martina Ebm: „Caro war auserzählt“
Mit Christopher Hampton hat Martina Ebm, die seit 2014 Ensemblemitglied des Theaters in der Josefstadt ist und seither unter anderem Kathi in „Der Zerrissene“, Inken Peters in „Vor Sonnenuntergang“ und Fritzi in „Anatol“ spielte, bereits für „Eine dunkle Begierde“ gearbeitet. Redet sie von dem Regisseur, gerät sie ins Schwärmen: „Er arbeitet sehr einfühlsam, intuitiv und sehr individuell. Christopher geht sehr behutsam mit den Menschen und deren Emotionen um, weiß, wo er hinwill, ohne sich zu versteifen, hört genau hin und versucht immer, seine Schauspieler zu verstehen.“
Ihr ist klar, dass manche Leute in die Josefstadt kommen, weil sie sie aus dem Fernsehen kennen. „Ich habe öfter erlebt, dass Menschen zum ersten Mal ins Theater kamen, weil sie neugierig geworden waren und mich auch einmal live sehen wollten.“
Gewissheit hat man erst, wenn man Dinge ausprobiert und dann entscheidet, ob man etwas gut findet oder nicht.
Von ihrer Paraderolle Caro in den „Vorstadtweibern“ hat sich Ebm, die zuletzt auch in der Anwaltsserie „Dennstein & Schwarz“ zu sehen war, verabschiedet. „Mit den ‚Vorstadtweibern‘ durfte ich so viele spannende Jahre durchleben. Ich möchte nichts davon missen, aber irgendwann empfand ich die Figur der Caro einfach auserzählt. Es fühlte sich stimmig an, zu gehen.“
Ob es ihr auch darum ging, nicht an einem Image hängen zu bleiben? „Ich habe nie wirklich über Image nachgedacht. Ich sehe das viel bodenständiger. Entweder die Figur bedeutet mir etwas oder eben nicht – und ich habe die Hoffnung, dass das andere Menschen auch so sehen. Es ist doch komisch zu glauben, jemand kann nur das eine oder das andere. Gewissheit hat man erst, wenn man Dinge ausprobiert und dann entscheidet, ob man etwas gut findet oder nicht.“
Die Traumrolle
Marianne ist eine Figur wie jene, die Ebm bevorzugt am Theater spielt: „Ich mag es, Frauen zu verkörpern, die ein Ziel haben, die für etwas kämpfen.“ Nicht umsonst nennt sie, nach Traumrollen gefragt, nur eine: die Nora im gleichnamigen Stück von Ibsen. Gleichzeitig freut sie sich besonders auf „Monsieur Pierre“: „Mir gefällt es immer sehr, wenn ich Menschen mit dem, was ich tue, zum Lachen bringen kann – und ich denke, bei Monsieur Pierre wird das der Fall sein.“ Spricht’s, und hüllt sich noch ein wenig mehr in den Schminkmantel.
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Das Stück in 5 Sätzen
1. Aus Zweigs Novelle „Brief einer Unbekannten“ wird „Geheimnis einer Unbekannten“.
2. Christopher Hampton adaptierte und inszeniert.
3. Seine zweite Regiearbeit an der Josefstadt.
4. Premiere wäre vor dem Shutdown gewesen.
5. Neben Ebm und Michael Dangl spielen Michael Schönborn sowie alternierend Lara Buchsteiner.
Zur Person: Martina Ebm
Alter: 38 Jahre
Wohnort: Wien
Bekannt wurde Ebm als Caro in der Fernsehserie „Vorstadtweiber“. Das Josefstadt-Publikum schätzt sie seit 2014, als sie in der Rolle der Kathi in „Der Zerrissene“ debütierte, nachdem sie unter anderem am Schauspielhaus Wien, im Ensemble08 und als Alma bei Paulus Manker gespielt hatte. Am Theater in der Josefstadt folgten Sabina Spielrein in „Eine dunkle Begierde“, ein Mädchen in „Am Ziel“, Inken Peters in „Vor Sonnenuntergang“ und Fritzi in „Anatol“. In den Kammerspielen spielte sie u. a. Eve in „All about Eve“.
Termin und Karten
„Geheimnis einer Unbekannten“ im Theater in der Josefstadt
Premiere: 1. Oktober, 19.30 Uhr
Zum Stück und zu den Karten
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Martina Ebm wurde eingekleidet von Maurizio Giambra