Zwei Fragen an Tom Morris
Hirten und Nymphen, die Musik, die Hoffnung – sie alle versammeln sich ab 14. Oktober wieder zur Hochzeit von Orfeo (Georg Nigl) und Euridice (Slávka Zámečníková) in der Wiener Staatsoper, zu der das Haus am Ring nach der umjubelten Premiere im Juni erneut einlädt.
Patricia Nolz hat als Musik/Hoffnung/Echo ihr Rollendebüt; zu den weiteren Hochzeitsgästen zählen Christina Bock als Botin/Proserpina, Andrea Mastroni als Plutone, Wolfgang Bankl als Caronte und Hiroshi Amako als Apollo. Am Dirigentenpult des Concentus Musicus, dessen künstlerischer Leiter er ist, steht Stefan Gottfried. Wir haben Regisseur Tom Morris zwei Fragen zu seiner Inszenierung gestellt.
L'Orfeo von Claudio Monteverdi
Monteverdi taucht in die griechische Sagenwelt ein und vertont die Geschichte um Orpheus und Eurydike. Sein Werk wird häufig als die erste Oper bezeichnet. Eine kurze Zusammenfassung, die gleichzeitig eine Auffrischung in griechischer Mythologie ist, lesen Sie hier. Weiterlesen...
BÜHNE: Ihre „L’Orfeo“-Inszenierung beginnt damit, dass der ganze Zuschauerraum zur Hochzeitsgesellschaft wird.
Tom Morris: Ja, wir wollen in der Staatsoper eine Atmosphäre schaffen, dass alle ganz, ganz fest an die Ehe von Orfeo glauben und hoffen, dass diese Liebe für immer ist. Wenn wir das schaffen, dann haben wir gewonnen. Je größer die Liebe, desto größer die Tragödie.
BÜHNE: Besonders glaubhaft ist die Story ja nicht, oder?
Die Schönheit des Glaubens ist, dass Menschen etwas glauben, was unmöglich ist. Stellen Sie sich das einmal vor: Orfeo singt in der Hölle und hat für einen einzigen Moment alles. Für einen Moment stoppt er die Hölle. Plötzlich steht die Zeit still. Sogar Sisyphus hört auf, seinen Stein bergauf zu rollen.
Vollgas raus aus dem Hades
Tom Morris hat mit seinen Regiearbeiten weltweit ein Millionenpublikum begeistert. Jetzt inszeniert er an der Staatsoper „L’Orfeo“ als Bilderfest. Georg Nigl gibt den Rockstar, Slávka Zámečníková stirbt an einer Überdosis, und Kate Lindsey begleitet Orfeo in die Unterwelt. Weiterlesen...
Zur Person: Tom Morris
Tom Morris – Dramatiker, Schauspieler, Lyriker, Kritiker, Rundfunkjournalist und Regisseur – ist derzeit Intendant am Bristol Old Vic. Unter seiner Leitung hat das Theater, das bereits seit 1766 besteht, zuletzt eine preisgekrönte millionenschwere Transformation vollzogen. Er hat seinen reichen Erfahrungsschatz in diese Position eingebracht. Von 1995 bis 2004 rief er als Intendant des Battersea Arts Centre bahnbrechende Produktionen ins Leben wie Jerry Springer: The Opera; World Cup Final 1966; Jason and the Argonauts, sowie Ben Hur. Nach Battersea wurde Tom Morris Associate Director am National Theatre in London. Hier kam er auf die Idee, mit Hilfe modernsten Puppenspiels eine Theaterfassung des „unaufführbaren“ Romans War Horse von Michael Morpurgo zu kreieren; für diese Inszenierung wurde er mit dem Tony Award als bester Regisseur ausgezeichnet.