Alles ergibt Sinn: etwa sehr viel zu früh zu einem Interview mit Lotte de Beer zu kommen. Denn so konnten wir noch auf einen Sprung mit Espresso ins Büro von Geschäftsführer Christoph Ladstätter machen. Jenem Mann, der die Finanzen der Volksoper im Griff haben muss und hat. Seit 2007 macht er das, und er scheint dabei nicht wesentlich gealtert zu sein. Vielleicht hat ihn auch die vergangene Saison verjüngt, denn der Laden brummt. „Wir haben gerade den besten März aller Zeiten hinter uns, mit 93 Prozent Auslastung. Durchschnittlich sind es 87 Prozent seit September. Lotte de Beer macht Hits und auch Sachen, die risikoreicher sind. Diese Kombination macht es aus. Sie umarmt das Publikum in der gesamten Bandbreite.“

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Theater funktioniert nach Stichwörtern. Lotte de Beer schaut bei der Tür herein. Wir ziehen also weiter. Ladstätter hat recht: Das Programm ist schlichtweg ein echter Volksopern-Knaller. Näher dran an der CI kann man kaum sein. Sind wir befangen? Bezahlt? Beides. Aber selbst bei völliger Objektivität würden wir zu dieser Einschätzung kommen.

Premiere „Carmen“

Ab dem 21. September werden wir der Ermordung einer Frau beiwohnen, die das getan hat, was Männer gern tun: sich sexuell ausleben. „Nicht nur“, sagt Lotte de Beer, die Regie führen wird. „Die Sexualität ist wichtig in ‚Carmen‘, aber eins ist wichtiger: die Freiheit. Carmen ist eine Frau mit einer unglaublichen Intelligenz, einem unglaublichen Potenzial. Ihre Liebhaber sind ja nicht ernst zu nehmen. Sie instrumentalisiert ihre Sexualität, um frei zu sein.“ Aber am Ende ist Carmen doch nichts anderes als das Ergebnis männlicher Fantasien – richtig? „Stimmt. Carmen ist ein Konstrukt bourgeoiser Fantasien, und genau damit arbeiten wir. Carmen hat das Gefühl, alle spielen Theater, aber sie muss nicht, und immer mehr spürt sie, dass dieses Theater eine Falle ist, und sie versucht sich da rauszukämpfen.“ Sie lacht. „Keine Sorge, es wird eine schöne Operninszenierung, mit ein bisschen operettenhaft gedachter Ausstattung und viel Choreografie.“ Katia Ledoux wird die Premiere singen, Ben Glassberg dirigieren.

Katia Ledoux, Mezzosopran
Die erste Premiere in der nächsten Saison (21. September) ist Bizets „Carmen“. Lotte de Beer inszeniert. Katia Ledoux ist alternierend mit Annelie Sophie Müller und Wallis Giunta zu erleben.

Foto: Milagro Elstak

Daniel Schutzhard
Daniel Schutzhard, Bariton: Viel beschäftigt in der neuen Saison, u. a. in folgenden Premieren: Escamillo („Carmen“), Edwin („Csárdásfürstin“) und als Graf Almaviva („Le nozze di Figaro“).

Foto: Marko Mestrovic

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Premiere „Alma“

Am 26. Oktober hat das Auftragsstück „Alma“ Premiere, komponiert von Ella Milch-Sheriff. Zehn Jahre arbeitete sie an dem Werk – jetzt kommt es in der Regie von Ruth Brauer-Kvam und unter der musikalischen Leitung von Omer Meir Wellber auf die Bühne. „Ella ist eine jener zeitgenössischen Komponistinnen, die ein unglaubliches theatralisches Gespür haben. Ihre Musik ist wie geschaffen für das Theater, ähnlich wie Kurt Weill oder Puccini komponiert sie auch sehr sängerfreundlich. Ella kommt mit sehr wenig Text und viel Musik zum Punkt.“

Premiere „Im weißen Rössl“

Annette Dasch ist die Rösslwirtin, Jakob Semotan spielt Peter Alexander, also den Kellner. Harald Schmidt ist einer der Gäste, Juliette Khalil seine Tochter und Robert Palfrader der Kaiser. Danke, setzen, schnell Karten kaufen. Regie führt der zukünftige Volkstheater-Chef Jan Philipp Gloger.

„Das Stück war sein Wunsch. Er ist ein echter Intellektueller, aber kommt im wahrsten Sinn des Wortes aus dem Volkstheater und schätzt Entertainment. Das Stück wird nah am Original sein, aber auch thematisieren, was Tourismus mit dem Land und den Menschen macht: Man wird viele Trachten sehen, aber auch hinter die Kulissen des Hotels schauen – wo Gastarbeiter die klassische österreichische Küche kochen.“

Harald Schmidt, Teilzeit-Pensionist
Harald Schmidt, Teilzeit-Pensionist. Fürs Theater verzichtet er gerne auf seine echten Gagen: Schmidt wird im „Weißen Rössl“ einen deutschen Touristen spielen.

Foto: Lukas Gansterer

Annette Dasch, Sopran
Annette Dasch, Sopran, singt „Alma“, ist die Wirtin im „Weißen Rössl“ am Wolfgangsee, unter anderem für Harald Schmidt. Und ab 8. März im Kálmán- Klassiker die „Csárdásfürstin“. Zwei Premieren mit Kult-Charakter.

Foto: Lukas Gansterer

Robert Palfrader
Robert Palfrader, Schauspieler. An der Volksoper kann er wieder jene Rolle spielen, die ihn berühmt gemacht hat: den Kaiser, und zwar im „Weißen Rössl“. Der nächste Schritt zum Volksschauspieler.

Foto: Lukas Gansterer

Premiere „KaiserRequiem“

Ab dem 25. Jänner wird es emotional groß in der Volksoper. Omer Meir Wellber hat das Kammerspiel „Der Kaiser von Atlantis“ (komponiert 1943/44 von Viktor Ullmann und Librettist Peter Kien im KZ Theresienstadt) mit Mozarts „Requiem“ zusammengeführt und lässt es als Tanztheater (Wiener Staatsballett/ Andreas Heise) wiederauferstehen. „Es wird ein sehr poetischer, berührender Abend über das Thema Tod, und mit dem Tanz hat man diesen Schritt in die Abstraktion.“

Premiere „Csárdásfürstin“

Das Ehepaar Annette Dasch und Daniel Schmutzhard, wunderbarer Bestandteil des Ensembles, darf ab 8. März 2025 an die Fürstin der Operette ran, genau wie Juliette Khalil und Jakob Semotan. Johannes Erath, der seine Karriere im Orchestergraben der Volksoper begonnen hat, wird Regie führen. „Im Grunde ist die Operette immer hochpolitisch, aber mit einer Zuckerkruste zugedeckt. Später wurde Operette zu einer kleinbürgerlichen Wohlfühlzone. Kunst muss aber berühren, triggern, und es muss um das Jetzt gehen. Das heißt nicht, dass ich das Regietheater auf die Operette loslasse, sondern ich suche mir einfach interessante Regisseure und sage zu ihnen: Schau dir das Stück an und folge deinem Herzen.“

Jakob Semotan
Jakob Semotan, Allrounder. Der Publikumsliebling der Volksoper spielt sich durch das Repertoire und ist im Premieren-Cast vom „Weißen Rössl“ und der „Csárdásfürstin“.

Foto: J. Semotan

Premiere „Follies“

Ab dem 10. April glitzert die Volksoper bei Stephen Sondheims Hit mit Ruth Brauer, Drew Sarich, Sona MacDonald und vielen, vielen anderen. „Ich wollte es wegen unseres wunderbaren Ensembles machen, indem ja auch viele tolle ältere Sänger*innen sind, und ich wollte sie alle auf der Bühne haben. Es wird ein Mehr-Generationen-Stück. Jede Rolle hat eine junge und eine ältere Besetzung. Die junge Besetzung spielt die gute alte Zeit, als das Theater noch voll war. Die ältere Generation spielt an dem Tag, bevor das Theater abgerissen und zu einem Parkplatz gemacht wird.“

Bettina Mönch, Publikumsliebling
Bettina Mönch, Publikumsliebling. Sie ist eine der ganz großen Publikumsmagneten der Volksoper. Ihre „Cabaret“- Vorstellungen sind Legende. Nächste Saison wird Mönch „Follies“ zum Glänzen bringen.

Foto: Isabell Schatz

Drew Sarich, Sänger
Drew Sarich, Sänger. Er ist der absolute Rockstar unter den heimischen Musicalstars und spielt in der „Follies“- Premiere den Benjamin. Ab 12. April 2025.

Foto: Karim Khawatmi

Premiere „Nurejews Hund“

Ein Familienstück mit Musik und Tanz lässt Florian Hurler (nach einer Novelle von Elke Heidenreich) ab 27. April von der Leine. „Es wird ein Musiktheater für die ganze Familie, in dem auch ein Hund tanzen wird.“ Das in aller Kürze.

Premiere „Le nozze di Figaro“

Für den Da Ponte/Mozart-Hit wird sich Lotte de Beer bei der Premiere am 24. Mai zum Verbeugen wieder vor den Vorhang begeben. Es ist die Übernahme einer Produktion von Lotte de Beer für das Festival Aix-en-Provence 2021. „In dieser Oper geht es um Sex und Macht. In den letzten zehn Jahren haben wir gemerkt, wie unterschiedlich wir auf diese großen Themen blicken. Wie man über Sex und Macht denkt, hat sehr stark mit der eigenen Position zu tun, ob man ein Graf oder ein Dienstmädchen ist. Wir zeigen Mozarts Oper aus der Sicht von vier Protagonisten, nehmen ihre Perspektiven ein und durchlaufen dabei auch unterschiedliche Stile und Epochen. “

Michael Arivony, Bariton
Michael Arivony, Bariton. Er wurde in Mauritius fürs Opernstudio der Staatsoper entdeckt und singt jetzt u. a. den „Figaro“ ab 24. Mai 2025.

Foto: Ran Anthony

Neueinstudierung „My Fair Lady“

Wir lassen jetzt die Premiere „Das verzauberte Schwein“ und „Der Krieg der Knöpfe“ und die Ballettproduktion „Kreationen“ kurz aus – wir werden später ausführlich berichten.

Ruth Brauer-Kvam wird die Kultinszenierung von Heinz Marecek aus dem Jahr 1979 auffrischen und einen neuen Blick auf liebgewonnene Konventionen werfen. Ihr Cast: Markus Meyer, Karl Markovics, Manuel Rubey, Paula Nocker und viele andere. Lotte de Beer: „Wir werden diese legendäre Inszenierung in neuem alten Glanz erstrahlen lassen!“

Ab 27. Dezember 2024.

Markus Meyer
Markus Meyer. Der Publikumsliebling wird in der Neueinstudierung (Ruth Brauer) von „My Fair Lady“ (ab 27. Dezember) Professor Higgins spielen, Paula Nocker die Eliza und Karl Markovics ihren Vater.

Foto: Christoph Liebentritt

Ruth Brauer-Kvam
Ruth Brauer-Kvam. Das Multitalent singt im Sondheim-Hit „Follies“ die Hauptpartie und zeichnet für die Neueinstudierung von „My Fair Lady“ verantwortlich.

Foto: Lukas Gansterer

Karl Markovics, Schauspieler
Karl Markovics, Schauspieler. Das nennt man eine prominente Besetzung: Ab 27. Dezember ist er Alfred P. Doolittle in „My Fair Lady“.

Foto: Moritz Schell

Alle Stücke der Volksoper auf einem Blick!