Es muss ordentlich knallen. Geht es um Mira Stadlers Inszenierung der Kriminalkomödie „Die 39 Stufen“, trifft das nicht nur auf den alles andere als kugelsicheren Inhalt des Stückes zu, sondern auch auf das Bühnenbild. Klingt gefährlich? Keine Sorge, ist es ganz und gar nicht. Wenn Bühnenbildnerin Jenny Schleif das Wort „knallig“ in den Mund nimmt, meint sie damit natürlich die Farbwelt, in die sie ihr Bühnenbild getaucht hat.

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„Es ist ein Trapezraum, der sich sowohl in seiner Materialität als auch in seiner Farbgebung sehr von der 1970er-Jahre-Ästhetik abhebt, die die meisten Säle, in denen wir spielen, kennzeichnet“, erklärt Schleif, die zum ersten Mal eines ihrer Bühnenbilder auf große Tour durch die Locations des Volkstheaters in den Bezirken schickt. Dass die Komik des Thrillers, der zu den frühen Klassikern Alfred Hitchcocks zählt, vor allem in den schnellen Szenenwechseln und dem absurd hohen Tempo liegt, mit dem die aberwitzige Geschichte vorangetrieben wird, sei Reiz und Herausforderung gleichermaßen, fügt sie lachend hinzu.

Das gilt auch für das Kostümbild, fügt Friederike Wörner hinzu. „Es sind gefühlt hundert Rollen, die von vier Spieler*innen verkörpert werden. Da sind kaum komplette Umzüge möglich, sondern man muss schauen, wie man diese Wechsel schnell und mit einfachen Mitteln erzählen kann.“

Friederike Wörner
Friederike Wörner, die Kostümbildnerin des Stücks.

Foto: Marcel Urlaub

Ein Laster für alle(s)

In etwa fünfmal sei sie gemeinsam mit den Techniker*innen über ihren Entwurf gegangen, um ein Bühnenbild zu entwerfen, das auf allen – größentechnisch teilweise stark variierenden – Bühnen der insgesamt 15 Spielstätten funktioniert, erzählt Jenny Schleif. „Außerdem gibt es nur einen Laster, in den alles reinpassen muss“, ergänzt Friederike Wörner lachend. „Das bedeutet, dass es beispielsweise nicht möglich wäre, fünf Reifröcke mitzunehmen. Diesen Platz haben wir auch hinter der Bühne teilweise gar nicht.“

In umfassender Weise Reifröcke einzusetzen, hat die Kostümbildnerin aber auch gar nicht vor – was unter anderem daran liegt, dass sie die Kostüme für „Die 39 Stufen“ in der Zeit des Hitchcock-Films verorten möchte – „jedoch ohne dabei das Gefühl zu vermitteln, in einem Geschichtsbuch zu blättern, sondern die Ästhetik von damals mithilfe moderner Schnitte weiterzudenken“, so die studierte Modedesignerin, die es schon während des Studiums ins Theater zog.

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Bühne & Kostüm. Jenny Schleif hat eine Bühne entwickelt, die alle Szenenwechsel mitmacht und es dabei auch ermöglicht, Theatermittel offenzulegen.

Bild: Jenny Schleif

Kill Your Darlings

Wie es sich anfühlt, wenn man die Dinge, die man sich auf Papier oder im Modell ausgedacht hat, zum ersten Mal auf einer Bühne sieht, möchten wir noch von den beiden wissen. Jenny Schleif lacht und antwortet: „Ich bin meistens schweißgebadet. Die erste Bühnenprobe ist immer ein Schock.“ Bei solch temporeichen Stücken habe sie außerdem das Gefühl, dass im Vorfeld noch präzisere Arbeit gefordert ist, um dann wieder viel weglassen zu können – damit den schnellen Szenenwechseln buchstäblich nichts im Weg steht. Passend zur Kriminalkomödie bringt sie es folgendermaßen auf den Punkt: „‚Kill Your Darlings‘ ist immer ein Thema.“ Friederike Wörner hält fest: „Es gibt in regelmäßigen Abständen Werkstattbesprechungen, und wir hatten von Anfang an viel Material auf den Proben dabei, um gleich erkennen zu können, was funktioniert und was nicht. Das ist bei einem solch schnellen Stück einfach notwendig.“

Ob sie den Eindruck hätten, dass sich in Sachen öffentlicher Wahrnehmung ihrer künstlerischen Bereiche etwas tue? „Je lauter die Setzung ist, desto mehr Resonanz gibt es. Es hat sich schon etwas verändert, allerdings kommt es in Gesprächen immer noch vor, dass ich erstaunt gefragt werde, ob ich mir das selbst ausgedacht habe oder ob das ein Vorschlag der Regie gewesen sei“, so Schleif. Auch Friederike Wörner sieht diesbezüglich noch viel Luft nach oben: „Ich habe nicht das Gefühl, dass jene Menschen, die Bühne und Kostüm gestalten, oft in den Fokus gerückt werden.“

Kleiner Spoiler: Diese Inszenierung wird knallen, abgefeuert werden allerdings vor allem Sätze. Und zwar schneller, als die Polizei erlaubt.