„Ganz hell.“ So beantwortet Sanja Frühwald die Frage, wie sie die Zukunft des Tanzes sieht.

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Aber einmal von vorne. Es ist ein Dezembermorgen, der Saal im Dschungel Wien Theater leert sich langsam. Gerade lief das Tanzstück „Das Leben macht mir keine Angst“. Knapp eine halbe Stunde später treffen wir die Regisseurin Sanja Frühwald zwischen den Theatersitzen des Dschungels zum Interview.

Die Choreographin ist in Kroatien aufgewachsen und studierte an der Salzburg Experimental Academy of Dance (SEAD). 2007 startete Frühwald das Kollektiv VRUM, seit 2016 ist VRUM auch in Wien ansässig. „Wir haben es 2007 in Zagreb gegründet und waren dann viel unterwegs. In den letzten 10 Jahren haben wir uns darauf fokussiert, Tanz für junges Publikum zu machen,“ so Frühwald.

Von 8. Dezember 2023 bis 24. Jänner 2024 war ihre Inszenierung „Das Leben macht mir keine Angst“, welche als „Tanztheater mit Live-Musik“ beworben wurde, im Dschungel Wien zu sehen. Die Termine waren gut besucht, nicht wenige sogar ausverkauft. Es geht um Angst, die Suche nach einem Mittel gegen sie und die Verrücktheiten des Lebens.

Hauptquellen des Theaterstücks im Dschungel waren das Gedicht „Life Doesn't Frighten Me“ von der amerikanischen Menschenrechtsaktivistin Maya Angelou sowie Texte von der österreichischen Autorin Barbi Marković. Mit Marković selbst habe sie eng zusammengearbeitet, so Frühwald.

Körper als gemeinsamen Nenner

Wie man das Publikum für Tanz am besten abholt?

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„Ich denke, eine Sache, die wir alle gemeinsam haben, ist der Körper. Und wenn man sich über seinen Körper bewusst wird, kann man würdig altern. Wir alle brauchen menschliche Berührungen, somit hat das Tanzen einen starken Heilungszweck.“ Deshalb sehe sie die Zukunft des Tanzes – um auf die Anfangsfrage zurückzukommen – „ganz hell“.

Was macht VRUM also anders als andere Kollektive? Frühwald überlegt kurz. „Wir wollen Tanz und Theater für und mit allen Menschen machen. Meine größte Motivation ist es, Stücke zu machen, die aus der Kunstblase herausgehen und die einen sozialen Impakt haben. Im Prozess wollen wir junge und alte Menschen zusammenmischen.“

Und es gelingt. Fünf Jugendliche und drei Erwachsene standen in der Inszenierung auf der Bühne und musizierten, spielten und tanzten gleichzeitig. Die Probenzeit für eine so aufwendige Inszenierung konnte sich sehen lassen.

„Ohne Unterstützung von den Eltern und den Schulen geht es nicht“, betont Frühwald. „Wir haben leider auch ein Ensemblemitglied auf dem Weg verloren, weil sich die Schule dagegengestellt hat. Das gibt es leider auch.“

Für die Zukunft von VRUM würde sich Frühwald wünschen, weiterhin eine gute Verbindung zum Dschungel Wien zu erhalten und gleichzeitig ihre Arbeit durch internationale Verbindungen zeigen zu können.

Und gute Konditionen zum Proben. „Ich wünsche mir kleine Dinge“, betont sie. „Warme Probenräume und gute Tanzböden, sodass keine Knie verletzt werden. Und mehr Bewusstsein für die Notwendigkeit von Bewegungen an Schulen. Das ist so wichtig.“

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Die Jungen am Wort

Auch mit vier von den fünf Jugendlichen durften wir kurz sprechen: Isadora Magnusdottir (14), Pia Kaçinari Mikula (13), Maya Villarreal (16) und Jaša Frühwald (13).

Durch ein Casting hat Sanja Frühwald die Jugendlichen ausgewählt. Der Casting Call wurde auch auf Instagram ausgeschrieben und Kinder und Jugendliche hatten die Möglichkeit, sich zu bewerben.

So wie auch Maya.

Die Schülerin entdeckte schon früh die Lust am Geige spielen. „In einem konservativen Umfeld“, wie sie sagt. Mit zwölf Jahren habe sie dann beschlossen, sich davon freizumachen. „Ich habe dann in der Musikschule Wien Liesing Tanz und Schauspiel begonnen mit einer Gruppe von Jugendlichen. Es ist einfach meine Leidenschaft, mein life goal. Ich wollte immer mehr machen, als einmal im Jahr im Theater zu machen. Ich habe mich auf die Suche gemacht, hab einen Instagram-Post gesehen und dann gab es dieses Casting. Es hat so viele neue Türen geöffnet,“ erzählt sie uns.

Alle Jugendlichen haben schon in ihrer Kindheit angefangen, ein Instrument zu spielen. Wie auch Isadora. Sie besucht derzeit das Musikgymnasium Wien. „Ich habe mit fünf Jahren mit Geige begonnen und bin früh mit klassischer Musik in Berührung gekommen. Musik spielt eine große Rolle in meinem Leben.“ Herausfordernd fand sie bei „Das Leben macht mir keine Angst“ besonders die Premiere. „Ich habe bei allen Auftritten immer ein bisschen Bühnenangst. Diese Angst muss man einfach überwinden.“

„Wir durften sogar eine Szene im Stück entwerfen“, fügt Jaša hinzu. „Die Dunkelszene, das ist unsere. Das war unsere Möglichkeit, Autorität zu zeigen.“

Das Leben macht mir keine Angst
Viele Proben, wenig Freizeit: In der Inszenierung konnten sich die Jugendlichen körperlich austoben.

Foto: Alek Kawka

Die Proben, die Zukunft

Pia erzählt uns auch von den langen Probenzeiten. „Wir haben viel von unserer Zeit reininvestiert und viel geprobt: 3 bis 4 Wochen in den Sommerferien und die ganzen Herbstferien, und das jeweils fünf Mal die Woche. Am Wochenende je sieben Stunden, Freizeit war dann gar nicht vorhanden.“

Viel gelernt haben durch die gemeinsame Arbeit alle. „Früher war ich schlechter im Schlagzeug spielen, da wusste ich noch nicht, wie ich drei Sachen gleichzeitig mache. Und dann ging’s,“ erzählt uns Jaša.

Auch Isadora teilt ihre Erfahrungen während der Produktion. „Meine Einstellung zur Musik hat sich verändert. In meinem früheren Umfeld musste man immer der/die Beste sein. Und jetzt hat mir die Arbeit hier gezeigt, dass man Musik anders machen kann. Dass man nicht die beste Technik haben muss und trotzdem Menschen berühren kann.“

Wo sich die Jungkünstler*innen in Zukunft sehen? Hier gehen die Antworten in verschiedene Richtungen.

„Zuerst einmal Matura fertig machen. Danach will ich studieren gehen“, meint Jaša. „Ich will mich noch nicht festlegen, aber es ist wichtig, dass ich Matura mache. Ich will auf jeden Fall keinen Bürojob machen“, fügt Pia hinzu.

„Ich möchte etwas in die Richtung Schauspiel und Tanz machen,“ so Maya. „Weil es das Einzige ist, das mich motiviert und bewegt. Und in dieser Gesellschaft gibt es so viel was nicht okay ist und am meisten kann man durch Kunst Missstände aufzeigen und ausdrücken. Du bist am freiesten, wenn du etwas erschaffst.“

Ein gutes Schlusswort, wie wir finden.