Tanzende Elfen, Gewitterwolken, ein plätschernder Bach – es war Beethovens „Pastorale“, seine VI. Symphonie, die den Maler Josef Maria Auchentaller zu seinem 1898/99 geschaffenen Musikzimmer inspirierte. Er ist nur einer von vielen Künstlern seiner Zeit, deren Werk vom großen Titanen der Wiener Klassik beeinflusst wurde.

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Am 17. Dezember soll es 250 Jahre her sein (das Datum ist nicht exakt überliefert), dass Ludwig van Beethoven geboren wurde. Das Leopold Museum hat den Anlass wahrgenommen, um eine kleine, feine Ausstellung der Frage zu widmen, wie sich Künstler um 1900 – das Steckenpferd des Museums – in ihren Arbeiten mit Beethoven auseinander setzten. Ein gelungener Brückenschlag zwischen Musik und Bildender Kunst.

Das Beethoven-Musikzimmer von Josef Maria Auchentaller in der Villa Scheid in Wien, 1899

Foto: Luca Pedrotti, Bozen

Musikzimmer gehörte zum guten Ton

So hört man Franz Liszts Bearbeitung von Beethovens "Pastorale", während man das Kernstück der Schau betritt. Es handelt sich um eine Rekonstruktion des Musikzimmers Auchentallers, der Mitglied der Secession war und als Maler und Designer von Plakaten, Stoffmustern und Schmuck sowie als Mitgestalter der Secessionszeitschrift „Ver Sacrum“ zur damaligen Zeit bekannt war. Für seinen Schwiegervater, den Schmuckfabrikanten Georg Adam Scheid, schuf er nicht nur Entwürfe für Preziosen. Sondern er entwarf auch ein repräsentatives Musikzimmer für dessen Villa im Wiener Cottage-Viertel, die heute zur südkoreanischen Botschaft gehört.

Ein Musikzimmer gehörte damals im Bildungsbürgertum zum guten Ton, einerseits wurde hier Hausmusik gemacht, andererseits wurden – in größeren als jenem, das hier betreten werden kann – auch kleine Konzerte gegeben. Und dabei sollten die Gemälde rundum Inspiration sein.

Ein Gemälde für jeden Satz

Für sein zweieinhalb Meter hohes, insgesamt neun Meter langes Jugendstil-Ensemble hat Auchentaller allen fünf Sätzen je ein eigenes Gemälde zugeordnet. Dabei hat er sicher nicht von ungefähr just Beethovens „Pastorale“ gewählt. Schildert sie doch so bildhaft Szenen am Bach, lustiges Beisammensein der Landleute, Sturm oder Hirtengesänge.

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Wer das Zimmer, für das er ganz im Sinne des Gesamtkunstwerks auch Vertäfelungen, Fenster und Luster selbst gestaltete, betritt, ist umgeben von fünf tanzenden Elfen, einem sich durch die Landschaft schlängelnden Bach und einem Birkenwäldchen. Florales Dekor, ausschweifendes Lineament und Frauendarstellungen weisen seine Arbeiten als klare Früchte der Zeit aus. „Hier findet man Jugendstil pur“, sagt Kurator Dominik Papst im Interview mit der BÜHNE.

„Auchentaller hatte ein großes Talent dafür, den Zeitgeist einzufangen. Ob nun im Schmuck oder in diesen Gemälden, deren Zuordnung zu Beethovens Pastorale man erst viele Jahre nach der Entstehung wieder herstellte.“ Wer das 5,5 mal 5,5 Meter große Zimmer betritt, hört eben die Musik und kann feststellen, was Papst beschreibt: „Die Pastorale hat den Vorteil, dass Beethoven Anhaltspunkte gibt, sich motivisch durch die Sätze zu bewegen. Auchentaller folgte topografischen Hinweisen in der Musik. Gleichzeitig stellte er Bezüge zu den Auftraggebern her, wenn er aus den fünf Töchtern fünf Elfen machte oder die Burg Liechtenstein malte, in deren Nähe die Familie Scheid ein Haus hatte.“

Verehrung von Beethoven dokumentiert

Das Musikzimmer ist Kernstück einer Ausstellung, die sich generell mit der Beethoven-Verehrung der Bildenden Künstler der Zeit befasst. Auch für Gustav Klimt, Alfred Roller, Josef Hoffmann und andere Größen der damaligen Zeit war der Komponist Inspirationsquelle. Ab Beethovens Tod 1827 wuchs ein Geniekult, der sich in Wien um 1900 zu einem Phänomen mit fast sakralen Zügen steigerte. So beschreiben es die Kuratoren der Ausstellung, Werner Telesko und Dominik Papst.

Besonders die XIV. Ausstellung der Secession war ganz der Beethoven-Verehrung gewidmet und stellt den zweiten Schwerpunkt der Schau im Leopold Museum dar. Ein Modell des Secessionsgebäudes lässt die damalige Ausstellung ebenso nachempfinden wie Fotos von Moritz Nähr.

Eine Ausstellungsansicht von „Inspiration Beethoven". Die Ausstellung läuft noch bis 5. April im Leopold Museum in Wien.

Foto: Leopold Museum/Lisa Rastl

Geist der Secessions-Ausstellung im Leopold Museum

Rund um eine Beethoven-Skulptur von Max Klinger – dessen Säumen zur mehrfachen Verschiebung der Ausstellung führte, wie auch ein Brief in der Vitrine nachweist – gruppierten die Secessionisten ihre Zeugnisse der Verehrung. Natürlich kennt man Gustav Klimts Beethovenfries. Was weniger Menschen wissen: Diesem gegenüber hing ein heute verlorenes Wandbild von Auchentaller namens „Freude, schöner Götterfunken.“

Kurator Papst beschreibt klare Gegensätze: „Während Klimt Beethovens Motive allegorisch aufgreift, fand sich bei Auchentaller eine fast wortgetreue Übernahme der 2. Strophe der 'Ode an die Freude'. In der Gestaltung waren sie jedoch aufeinander abgestimmt, was die Figurengröße und die Farbigkeit betrifft.“

Auch Alfred Rollers Plakat zur Ausstellung, eine Reproduktion von Josef Hoffmanns Supraportenrelief und ein Kupferrelief von Friedrich König zu Prometheus holen den Geist der damaligen Secessions-Ausstellung ins Leopold Museum. Abgerundet wird die Schau durch Reduktionen bekannter Beethoven-Skulpturen und einer Serie von Carl Molls Holzsschnitten von Beethovens Häusern.

Klar wird in jeder Ecke: Die Verehrung des großen Komponisten fand in der Bildenden Kunst um 1900 besonders konzentriert ihren Niederschlag.

Weitere Informationen: „Inspiration Beethoven“

Leopold Museum
8.12.2020-5.4.2021
Museumsplatz 1, 1070 Wien
www.leopoldmuseum.org

Weiterlesen:
Auf Beethovens Spuren im Theater an der Wien
Kolumne zum 250. Geburtstag: Schon vergessen? Beethoven!