„Der Gewinn sollte ein künstlerischer sein“: Samir Köck über die Soundstage im Burgtheater
Nach legendären Konzerten, wie jenem von Nick Cave oder der Band Element of Crime, öffnet sich das Burgtheater nun wieder der zeitgenössischen Popmusik. Samir Köck, DJ und Musikjournalist, kuratiert das Programm der Soundstage, die mit Waldeck demnächst in ihre erste Runde geht. Wir haben ihn getroffen.
Neben der feinen Musikauswahl aus dem Soul-, Funk- und Acid Jazz-Bereich war die im Volksgarten beheimatete Veranstaltungsreihe „Soul Seduction“ vor allem für ihre strenge Türe bekannt. Auch Stefan Bachmann, heute Burgtheater-Intendant, ließen die Türsteher damals abblitzen, erzählt Samir Köck. Der Musikjournalist und DJ bespielte damals ebenjene Veranstaltungsreihe mit seiner umfangreichen Plattensammlung (die im Übrigen heute noch viel umfangreicher ist) und kuratiert nun die Soundstage, die neue Musikschiene des Burgtheaters. Es passt zu den Zielsetzungen und Ideen des frisch gebackenen Burgtheater-Chefs, dass er das Haus auch für zeitgenössische Musikprojekte öffnen möchte. Und wer weiß, vielleicht fungieren Konzerte, wie jenes von Waldeck oder von Kreiml und Samurai, ja als Türöffner für ein bisher eher theaterfernes Publikum.
„Das Haus hat eine große Anziehungskraft“
Mit dem Elektroswing-Pionier Waldeck geht die Soundstage am 25. Oktober in die erste Runde. Danach wird das österreichische HipHop-Duo Kreiml und Samurai auf der Burgtheater-Bühne zu sehen und zu hören sein, gefolgt von Ernst Molden und Sigrid Horn. Wichtig für die Soundstage ist, dass die Konzerte nicht einfach im Rahmen einer Tournee stattfinden, sondern eigens für das Burgtheater zusammengestellte Abende sind, erklärt Samir Köck. „Es geht uns nicht darum, viele Menschen in einem Raum zu pferchen und möglichst viel Gewinn zu machen. Der Gewinn sollte ein künstlerischer sein. Im Idealfall stellen die Acts hier etwas Neues vor oder setzen sich auf unterschiedliche, aber immer respektvolle Weise mit dem Theaterraum auseinander. Eine Ausnahme würde ich nur dann machen, wenn Iggy Pop hier Chansons singen möchte, was er ja tatsächlich ab und zu tut“, so Köck lachend. Er fügt hinzu, dass Kreiml und Samurai Ambitionen in diese Richtung geäußert hätten und sogar einen Spezialgast aus Theater- und Filmkreisen mit ins Boot holen möchten. Details dürfe allerdings noch keine verraten. Er setzt nach: „Es ist an sich schon etwas Besonderes, ein im Dialekt rappendes Duo auf der größten Theaterbühne im deutschsprachigen Raum zu zeigen. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass es bei dieser Reihe nicht nur darum geht, einen bestimmten Act zu sehen, sondern ihn im Burgtheater zu sehen. Das Haus hat schon eine große Anziehungskraft.“
Altes Gemäuer trifft auf zeitgenössischen Ausdruck
Tatsächlich ist es unbestreitbar, dass eine besondere Form von Magie entsteht, wenn zeitgenössische Pop-Acts auf einer großen Theaterbühne performen. Woher dieser Zauber rühren könnte, wollen wir von Samir Köck wissen. Er antwortet: „Ich glaube, dass eine bestimmte Spannung entsteht, wenn altes Gemäuer auf zeitgenössischen Ausdruck trifft.“ Er selbst hätte den Moment, in dem sich diese Magie entfaltet, schon mehrfach erlebt, erinnert er sich. „Die Konzerte von Nick Cave und Element of Crime hier im Burgtheater werde ich nie vergessen. Und auch die Chanson-Abende von Michael Heltau werden mir ewig in Erinnerung bleiben. Er ist ein Bühnenmagier, der mit seiner Ausstrahlung das Haus zum Beben gebracht hat.“
Insgesamt wird es drei bis fünf Konzerte aus unterschiedlichen Genres pro Saison geben. Und auch ein Ziel für die kommenden Spielzeiten steht bereits fest: „Ich möchte auf jeden Fall mehr Frauen einladen. Aber immerhin haben wir bei Waldeck die fantastische Sängerin Patrizia Ferrara mit auf der Bühne und Sigrid Horn wird gemeinsam mit Ernst Molden einen Folk-Abend gestalten. Für ihr Konzert am 2. März 2025 komponieren die beiden erstmals gemeinsam neue Lieder.“
Als ehemaliger Student der Theaterwissenschaft, der viel in der Wiener Theaterlandschaft unterwegs war, kennt Samir Köck das Burgtheater gut. „Als Kind hatte ich nur eine Bestrebung – das war Realitätsflucht mithilfe von Büchern und Musik. Später kam dann noch das Theater dazu.“
30.000 Tonträger zählt seine Sammlung, die er als „Hausapotheke für unterschiedliche emotionale Zustände“ bezeichnet. Wie viele Konzertbesuche es waren, ist deutlich schwerer zu rekonstruieren.
An sein erstes Konzert kann sich Samir Köck aber ganz genau erinnern. „Das waren die Glamrocker Slade in der Wiener Stadthalle. Am 5. Dezember ist es 50 Jahre her, dass ich dieses Konzert besucht habe. Ich fühle mich aber immer noch wie 20 und bin davon überzeugt, dass Popmusik, auch wenn man sie nur hört, jung hält.“
Ein weiterer Grund, sich die Konzerte im Burgtheater nicht entgehen zu lassen.