Die Strudlhofstiege von Nicolaus Hagg nach Heimito von Doderer
Wie Doderers Monumentalroman auf die Bühne fand und welcher Fokus bei der Auswahl aus annähernd 1.000 Buchseiten gewählt wurde. Trotz des Umfangs ein Versuch einer Zusammenfassung.
Inhalt
Das Stück erzählt von Mitgliedern der gehobenen Wiener Gesellschaft, wobei Nicolaus Hagg mehrere Handlungsstränge aus Doderers Monumentalroman gewählt hat. Einerseits erzählt er von Major Melzer, der in einem Verwirrspiel der Zwillingsschwester Editha und Mimi Pastré in einen Zigaretten-Schmuggel verwickelt wird - und der seinerseits nach langen Liebeswirren mit Editha die einfach gestrickte Thea Rokitzer als Verlobte wählt. Der berühmte Straßenbahnunfall der Mary K. aus Doderers Roman kommt vor und lässt Melzer als Held auftreten.
Nebstbei ist Etelka Grauermann eine der Hauptfiguren, die mit einem grundsoliden Diplomaten verheiratet ist, aber mittels Affären und Alkohol ausbricht - und schließlich Selbstmord begeht. Und auch Etelkas Bruder René Stangeler ist im Theaterstück Protagonist, dessen Liebschaft mit Paula Pichler beschrieben wird.
Oft geht es also um ein Wer mit Wem, um die Langeweile von Menschen, die sich um Geld nicht kümmern müssen, um das Herannahen des Ersten Weltkrieges, um das Erwachsenwerden, um Befindlichkeiten und darum, etwas über andere zu offenbaren - sei es nun, dass man einander erzählt, dass Editha einen Zwilling hat, oder dass René den Hergang des Selbstmords seiner Schwester schildert. Auch die philosophischen Ansichten über die namensgebende Stiege selbst wurden aufgenommen. All das ist in eine stringente Szenenfolge verpackt worden.
Werkgeschichte
Nicolaus Hagg verfasste für die Festspiele Reichenau 2009 eine Theaterfassung des Doderer-Romans. Dieser erstreckt sich über annähernd 1.000 Seiten und gehört zu den bedeutendsten Werken der österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er erschien 1951. Doderers zweiter Monumentalroman "Die Dämonen" baut darauf auf. Für die erste Theateradaption der "Strudlhofstiege" holte sich Hagg Bernd Jeschek an seine Seite. Teils übernahmen die beiden Bühnenautoren Passagen fast wortwörtlich aus Doderers Roman (gerade "geflügelte" Sätze wie Edithas "Gemahnen Sie mich nicht des Gewesenen", Melzers "Das sind solche Sachen" oder "Im Grunde sind das lauter Gemeinheiten"), teils stellten sie sehr kreativ um - und natürlich mussten sie sehr viel Mut zur Lücke beweisen.
Aufführungsgeschichte und prominenten Namen
Bei den Festspielen Reichenau zeigte man 2009 eine Produktion, bei der Maria Happel Regie führte, die auch mitwirkte. Als Melzer war Joseph Lorenz zu sehen, außerdem waren Eva Herzig als Zwillinge Pastré, Jürgen Maurer, Rudolf Melichar, Sona MacDonald und Stephanie Dvorak besetzt.
Als das Stück 2019 im Theater in der Josefstadt herauskam, führte Janusz Kica Regie. Es spielten unter anderen Ulrich Reinthaller, Roman Schmelzer, Pauline Knof, Silvia Meisterle und Martin Vischer.
Die Premieren 2022/23 im Theater in der Josefstadt
11 Premieren werden in der kommenden Spielzeit im Theater in der Josefstadt und den Kammerspielen zu sehen sein. Eröffnet wird mit „Anna Karenina“. David Bösch gibt mit Ibsens „Volksfeind“ sein Regiedebüt in der Josefstadt. Weiterlesen...