Die Geschichte hinter dem Stück: Nestervals „Die Namenlosen“
Erst im Jahr 1955 erhielten Menschen, die während der NS-Zeit aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden, mit dem Nationalfondsgesetz eine Entschädigung. Wir haben uns die Geschichte hinter dem Stück „Die Namenlosen“ von Nesterval angesehen.
§ 129 - Als Homosexualität verboten war
1852 eingeführt, war das österreichische Gesetz, das Sexualkontakte zwischen Männern wie auch zwischen Frauen als „Unzucht wider die Natur“ verbot, bis zur Kleinen Strafrechtsform 1971 in Kraft. So gab es schon vor der NS-Zeit eine strafrechtliche Verfolgung von Homosexualität. Die Zahl der homosexuellen Opfer kann bis heute nicht festgemacht werden, da sie oft „politisch“ verhaftet und viele Akten und Papiere im Nachhinein geändert wurden. Auch überlebende Familienmitglieder wollten nicht offen über die sexuelle Orientierung der Verstorbenen sprechen, da Homosexualität auch über den Nationalsozialismus hinaus stigmatisiert blieb.
Es kann bei einer Bevölkerung von fast 80 Millionen Menschen im Großdeutschen Reich von mehreren Millionen Homosexuellen ausgegangen werden, die ihre Sexualität in dieser Zeit nicht ausleben durften. Und auch nach der Befreiung aus den Konzentrationslagern war es für Homosexuelle nicht vorbei – aufgrund des § 129 kamen viele wieder ins Gefängnis.
Als Homosexualität strafbar war
Zuerst Kreisky, dann der Buddenbrooks-Stoff – jetzt setzt sich Nesterval mit der Geschichte der Ermordung queerer Menschen zur Zeit des Nationalsozialismus auseinander. Mit dem brut Wien und unter der wissenschaftlichen Begleitung von QWIEN - Zentrum für queere Stadtgeschichte bringt das immersive Theater nun „Die Namenlosen“ auf die Bühne. Weiterlesen...
Selbst Jahrzehnte danach stellte sich die Republik Österreich gegen die Anerkennung der Homosexuellen als NS-Opfer: Erst 1995 erhielten Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden, mit dem Nationalfondsgesetz eine Entschädigung – von 5.000 Euro. 2005 nahm das Opferfürsorgegesetz sie als Opfergruppe auf. Die meisten Namen der Opfer sind bis heute nicht erhalten. Daher: „Die Namenlosen“.
Was soll das Publikum von einem Nesterval-Abend mitnehmen, Herr Finnland?
„Sex, Drugs & Budd'n'brooks“ heißt der neue immersive Theaterabend von Nesterval. Worum es geht, hat uns Regisseur und Mitbegründer Martin Finnland in Form eines Monologs verraten. Weiterlesen...
Zur Person: Zum Stück
„Die Namenlosen“ des Ensembles Nesterval (in Kooperation mit brut Wien) thematisiert die Verfolgung von queeren Menschen zur Zeit des Nationalsozialismus. Das immersive Theater erzählt die Geschichte von Menschen, die dies selbst nicht mehr können. Seit 4. Mai. Regie: Martin Finnland.