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BÜHNE: Was fasziniert Sie an der Arbeit für Theater und Musiktheater?

Sophie Lux: Das Werk. Das ist für mich jedes Mal ein Neuentdecken, selbst bei Stücken, die ich schon einmal gemacht habe. Stücke verändern sich mit der Zeit, weil man sich selbst verändert. Das ist für mich auch eine der Stärken des Theaters, dass es sich auch dadurch neu erfindet, dass es die Beteiligten immer wieder auffordert, sich mit persönlichen Sichtweisen und Erfahrungen in die Erarbeitung des Stoffes einzubringen.

Wie entstehen Ihre Videos für Theater- oder Opernproduktionen? Drehen Sie die Videos selbst?

In Abstimmung mit der Regie und dem Kreativteam. Nach Vorbesprechungen einigen wir uns auf ein Videokonzept und überlegen gemeinsam, wie wir es ästhetisch und produktionstechnisch umsetzen. Ich produziere alle meine Inhalte selber, das ist mir sehr wichtig. Ich habe dadurch mehr Kontrolle über das Ausgangsmaterial und ich habe auch das Urheberrecht. Es gibt aber Produktionen, wo aus einem dokumentarischen Ansatz heraus auf vorhandenes Footage, zum Beispiel auf historisches Material, zurückgegriffen wird. Falls man keine Nutzungsrechte erhält, kann es auch schon vorkommen, dass man die Inhalte so gut wie möglich versucht nachzubauen. Der Einsatz von Video soll in einer Inszenierung eine eigene inhaltliche Form haben, so wie das bei der Bühne, dem Kostüm und dem Licht auch der Fall ist.

Zur Person: Sophie Lux

Studierte an der Universität für angewandte Kunst Wien Bühnen- und Filmgestaltung bei Bernhard Kleber. Ihre künstlerischen Arbeiten spielen sich an der Schnittstelle von Film, Video und Theater ab. 

Wie kann man sich die kollaborativen Abläufe – in Zusammenarbeit mit den Regieteams – vorstellen?

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Die Abläufe sind von Team zu Team verschieden und hängen vom Konzept ab. Vereinfacht gesagt unterscheidet man vorproduzierte Videoinhalte und Live-Videoinhalte. Bei der ersten Gruppe werden die Videoinhalte vor allem in der Probenzeit produziert. Dann geht es meistens vorrangig um Planung – unter anderem um Drehs mit Schauspieler*innen oder Drehs an bestimmten Drehorten. Die Arbeitsbereiche sind vielfältig, von Filmproduktion über Kamera bis zu Schnitt und Postproduktion.

Bei Live-Videoinhalten wird das Setup schon auf der Probebühne benötigt, damit die Regie mit den Schauspieler*innen Abläufe proben und das Konzept überprüfen kann. Hier kann sich ein Video-Team auch um mehrere Personen erweitern – zum Beispiel für Live-Kamera oder Medientechnik.

Die Probenzeit ist auch die Zeit, in der ich hauptsächlich mein künstlerisches Leben verbringe. Sie ist ein Grund, warum ich gerne im Theater arbeite. Es ist eine Zeit der Auseinandersetzung, des Experimentierens und der Herausforderung.

Sophie Lux
Der Wald von Alexander Ostrowskij

Der Wald von Alexander Ostrowskij

Was passiert, wenn zwei russische Provinzschauspieler auf die Mitglieder einer reichen, hedonistischen Gesellschaft treffen? Alexander Ostrowskij beschreibt es in seiner Komödie „Der Wald“. Weiterlesen...

Sind Sie während der gesamten Probenzeit dabei?

Ja. Am Anfang startet man immer mit einer Arbeitsthese, welche sich im Probenprozess erst bewähren muss. Ein Videokonzept sollte flexibel sein – es entwickelt sich mit den Proben, wird dauernd überprüft und optimiert, sodass es sich schließlich ins Gesamte einfügt. Das macht eine ständige Anwesenheit notwendig. Aber die Probenzeit ist auch die Zeit, in der ich hauptsächlich mein künstlerisches Leben verbringe. Sie ist ein Grund, warum ich gerne im Theater arbeite. Es ist eine Zeit der Auseinandersetzung, des Experimentierens und der Herausforderung. Und wenn sie vorbei ist, dann fängt sie woanders wieder von Neuem an.

Wie würden Sie das Verhältnis zwischen Video, Spielenden und Bühnenbild beschreiben? Oder ist das bei jeder Produktion anders?

Genau. Das Verhältnis variiert. Im Theater geht es um die Gesamtwirkung. Alles wird so aufeinander abgestimmt, dass jeder Bereich einen Aspekt der Inszenierung zum Ausdruck bringt. Auch wenn oft ein einzelner Bereich wie zum Beispiel Video hervortritt, dann sollte sich dieser mit den anderen am besten ergänzen und nicht doppeln.

Woher nehmen Sie – abseits des Stoffes selbst – Ideen und Inspirationen?

Hauptsächlich aus der bildenden Kunst und aus Filmen. Neben dem Offensichtlichen wie zum Beispiel der Ästhetik oder der Form finde ich vor allem das Kompromisslose und das Eigenständige an der bildenden Kunst interessant. In der Theaterarbeit, so kommt es mir manchmal vor, geht es viel mehr um Konsens, was die Wahl der künstlerischen Mittel betrifft.

Sophie Lux Josefstadt
„Der Bockerer“ im Theater in der Josefstadt – mit Videos von Sophie Lux.

Foto: Astrid Knie

Demnächst kommen „Der Zauberberg“ von Thomas Mann (Regie: Bastian Kraft), „Chopins Herz“ von Dead Centre und „Im Menschen muss alles herrlich sein“ von Sasha Marianna Salzmann (Regie: Martina Gredler) auf die Bühne. Drei sehr unterschiedliche Produktionen. Ist Ihr Job ein ständiges Einlassen auf neue Herangehensweisen und Konstellationen?

Auf jeden Fall! Man wird immer gefordert und Routine kann sich aus Prinzip nie einstellen. Sich für eine gewisse Zeit mit einer neuen Thematik oder einem literarischen Stoff zu beschäftigen, um diesen dann als Theaterabend umzusetzen, finde ich einmalig.

Wie gehen Sie mit diesen neuen Begegnungen um? Ist Ihnen das von Anfang an leichtgefallen?

Ich glaube schon. Es sind natürlich immer viele neue Begegnungen dabei, aber auch sehr oft ein Wiedersehen mit Kolleg*innen. Doch wir fangen gemeinsam immer bei null an. Da ist jede*r aufgefordert, sich einzubringen, und da überwindet man jede Art von Schüchternheit sehr bald.

Was ist Ihnen in der Zusammenarbeit wichtig?

Wie das Wort schon sagt, zusammen zu arbeiten. Für mich ist die Zusammenarbeit mit anderen eine Erweiterung meiner eigenen Perspektive. Dazu ist Kommunikation natürlich ein wichtiger Faktor. Darauf kann dann Vertrauen, Respekt und Konsens aufbauen. Wachsamkeit ist mir in der Zusammenarbeit wichtig, um Impulse von anderen aufzunehmen und diese dann in meine Arbeit integrieren zu können.

Vor kurzem feierte „Der Wald“ im Theater in der Josefstadt Premiere. Was hat Sie an dieser Arbeit besonders gereizt?

Die russische Theatertradition, speziell jene von Meyerhold. Das ist auch ein Konzept, das der Regisseur des Stücks, Stephan Müller, verfolgt hat. Bei Meyerhold, der den „Wald“ auch inszeniert hat, bilden der Körper und der Bühnenraum eine besondere Einheit. Die Schauspieler*innen sind angehalten, durch eine bestimmte Haltung des Körpers oder durch Gesten ihre Emotionen auszudrücken. Dazu erschafft er einfache, abstrakte Bühnenräume und Bühnenelemente wie Treppen, Rutschen usw. mit denen die Spieler*innen körperlich bzw. dynamisch interagieren können. Daran haben wir uns u. a. orientiert, wir versuchten, eine eigene Art der Umsetzung zu finden.

Das Bühnenbild zu „Einen Jux will er sich machen“ im Theater in der Josefstadt.

Foto: Rita Newman

Ist der technische Anteil Ihrer Arbeit größer als der künstlerische? Oder umgekehrt?

Der technische Aufwand resultiert immer aus der künstlerischen Form und dem Konzept. Das ist auch gar nie zu trennen. Wenn man eine künstlerische Setzung hat, die vorsieht, dass das Bühnenbild ein Video ist, dann entsteht daraus ein höherer technischer Aufwand. Jeder künstlerische Prozess hört aber nicht bei der technischen Umsetzung auf. Die technischen Möglichkeiten an einem Haus haben oft einen großen Einfluss auf das Konzept. Und so kann es sein, dass man entweder andere technische Lösung findet oder künstlerisch darauf reagiert. Limitierungen sind nicht immer von Nachteil, sie fordern nur die Konzentration auf das Wesentliche. Aber prinzipiell haben sich die künstlerischen Möglichkeiten durch neue technische Infrastrukturen an den Theatern mehr und mehr erweitert.

Sie machen mehr Video als Bühnenbild – manchmal aber auch beides. Wie kam es zu dieser Konzentration auf Video?

Es reizt mich, mit einem Medium zu arbeiten, mit dem viele Menschen ständig umgeben sind. Das ermöglicht mir zum Beispiel, mit Sehgewohnheiten des Publikums zu spielen. Gleichzeitig bedingt die Bilder-Inflation, die uns umgibt, auch den Anspruch, immer neue Welten zu kreieren. Das Verständnis und die Akzeptanz im Theater ist in den letzten Jahrzehnten auf jeden Fall gestiegen. Während es früher nur als Theatererscheinung abgetan wurde, hat sich das Feld Videodesign nun als gleichwertig zu Bühne, Kostüm, Musik und Lichtdesign entwickelt. Von Anfang an bis heute gab und gibt es in diesem Bereich immer viele Quereinsteiger*innen aus anderen Kunstformen wie beispielsweise Film, Visual Arts oder Malerei. Diese bringen dann ihre eigenen Formen und Ansätze ins Theater ein. Das alles macht für mich das Videodesign heute noch so spannend.

Welches Theaterstück haben Sie zuletzt privat gesehen und wie hat es Ihnen gefallen?

Ich finde es schön, dass man jetzt endlich wieder vermehrt ins Theater gehen kann, und ich habe mir zuletzt viele Sachen angesehen. Was mich zuletzt berührt hat, war ein Abend der MDW im Schlosstheater Schönbrunn zu Neuer Musik. Nicht nur die Umsetzung hat mir sehr gut gefallen. Mich hat vor allem der Gedanke berührt, dass es eine Generation von Studierenden an den Hochschulen für darstellende Kunst gibt, die in den letzten zwei Jahren im Rahmen des Studiums noch nie vor richtigem Publikum gespielt hat, weil dies unter den Corona-Auflagen kaum möglich war. Musik, Theater bedingt ein Gegenüber, sei es in den Proben oder bei Aufführungen. Hier werden wichtige Erfahrungen gemacht, die einen ein ganzes Berufsleben begleiten werden.

Zu den Spielterminen von „Der Wald“ im Theater in der Josefstadt!