Der Pass! Welcher Pass? Na, der Sebastian Pass.
Der Wiener brilliert in „Echtzeitalter“ im Theater im Zentrum als trauriger Horrorlehrer und sorgt mit vielen kleinen Gesten für die größten Lacher. Ein Treffen mit einem, dem der Volksschauspieler in der DNA liegt.
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Foto: Moritz Schell
Ja, wer ist denn der?
Eigentlich eine respektlose Frage – gestellt in der Pause der höchst gelungenen Bühnenbearbeitung (Gerald Maria Bauer) des Bestsellers „Echtzeitalter“.
Frau blättert im Programmheft und sagt: „Pass steht da, Schatzi.“
Sagt er: „Dem ist der Schenk eingefahren“, und lacht.
Willkommen beim Wiener Publikum.
Für alle Nicht-Wiener, das war ein Kompliment. Ein ziemlich großes.
„Ich finde es eigentlich ziemlich lustig, wenn man mich nicht kennt. Ich habe keine Eitelkeiten – null. Aber wenn ich mich vorstellen darf (lacht): Ich bin der Bastl aus Wien, komme aus einer Familie mit migrantischem Hintergrund und liebe es zu leben. Schauspieler wurde ich vermutlich (lacht), weil meine Eltern immer gesagt haben: Schauspielerei ist kein Beruf, sondern eine Diagnose.“
47 Jahre ist Sebastian Pass alt und hat quer durch Österreich und Deutschland an vielen relevanten Bühnen gespielt: Theater in der Josefstadt, Volkstheater, Theater der Jugend, Bronski & Grünberg, Staatsschauspiel Dresden, Phönix in Linz, im Hamakom. Zweimal hat er in Nestroyprämierten Produktionen mitgespielt. Er hat „Tatorte“ gedreht und Preise für Hörspiele gewonnen.
Aber warum zur Hölle ist Sebastian Pass noch nicht an der Burg gelandet? Sein berührendes komödiantisch-depressives Talent, das er in der „Theater im Zentrum“-Produktion ausspielen kann und darf, ist ja nicht spontan vom Himmel gefallen. Es ist Samstag im Café Diglas. Sebastian Pass lacht: „Das Burgtheater fehlt noch. Stimmt. Aber es ist durchaus befreiend, als freier Schauspieler herumzutingeln. Ich lerne immer neue Menschen kennen. Neue Häuser. Das hält wach. Mein Ziel ist es, einmal auf allen Bühnen Wiens gestanden zu sein.“
Aber ist dieses freie Leben nicht auch wahnsinnig anstrengend und unsicher?
Das Leben als freier Schauspieler
„Naja. Faul sollte man nicht sein. Ich habe das vergangene Jahr durchgearbeitet. Ich war in fünf Produktionen. Ich hatte an manchen Tagen drei Vorstellungen: ‚Froschkönig‘ untertags gespielt – also um 14 und um 17 Uhr – und bin danach mit der U-Bahn ins OFF-Theater gefahren und dort im zweiten Akt aufgetreten. Das war anstrengend, aber auch ein sehr großes Glück.“
Wer Sebastian Pass beim Spiel beobachtet, ist beeindruckt von seinem Umgang mit Pausen, den kleinen Gesten. Er ist das, was das Publikum zunehmend auf den Bühnen vermisst: ein echter Wiener Volksschauspieler im horváthschen Sinn. Wie setzt man überhaupt Pausen, Herr Pass? Der grinst und meint: „Indem man die Goschn hält. Sie sind wahnsinnig wichtig. Mein Traum wäre eine Rolle ohne Text. Einfach immer auf der Bühne und nichts sagen – nur mit den Emotionen, den Augen und dem Körper spielen.“
Und was ist für gutes Spiel noch wichtig? „Der Charakter entsteht durch den Text, das Kostüm, die Reaktionen – und durch gute Schuhe, sie helfen einem, bei den Rollen das innere Zentrum zu finden.“
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Foto: Rita Newman
Der wird eh Schauspieler
Sebastian Pass ist im sechsten Wiener Gemeindebezirk aufgewachsen. Ist dann nach Kalksburg ins katholische Internat geschickt worden. „Da bin ich dann mit meinen 5-Schilling-Flohmarkthosen auf die 200-Schilling-Poloshirt-Träger gestoßen. Das fand ich schon geil.“ (Lacht.)
Und warum ist er dann später Schauspieler geworden?
Wieder lacht er. „Meine Mutter hat immer gesagt, dass ich entweder Ballett oder etwas anderes Künstlerisches machen soll. Der Papa hat dann immer die Augen verdreht und gemeint: Super, dann rennst du im Tutu und mit Strumpfhosen herum! Als ich dann nach Kalksburg gekommen bin, war ich dort im Bühnenspiel. Und es hat offenbar so gut funktioniert, dass einige Lehrer gesagt haben: ‚Den lassen wir durch, der wird eh Schauspieler.‘“
Die MUK erkennt sein Talent. Wir sagen dreißig Jahre später: Danke!