Romantik trifft Pop trifft Tingeltangel
28 Locations und eine Musik, die Anleihen bei allen Genres nimmt. Wie kriegt man so etwas auf die Bühne? Mir viel Witz, Glitzer und Glamour, hat uns Regisseurin Lotte de Beer verraten.
2023 eine Operette in Auftrag zu geben ist irgendwie verrückt. Zwei Fragen dazu: Warum macht man so etwas, und wie wird sie klingen?
Das Genre darf einfach nicht aussterben und nur aus dem Abspielen von bekannten Sachen bestehen. Wir müssen es immer wieder neu beleben und auch neu betrachten. Operette war immer das Genre, das näher bei Tanzfesten war, und daher klingt eine Operette von heute sehr poppig: manchmal wie „Star Trek“, dann wie Dancefloor, dann wie 30er-Jahre-Tingeltangel, wie Filmmusik, dazu romantische Operetten-Melodien. Das alles sehr schnell gespielt und nicht ganz ernst gemeint. Es gibt Shownummern mit Ballett. Die Choreographie macht Otto Pichler, der auch mit Barrie Kosky arbeitet.
Wie darf ich mir das vorstellen?
Wir gehen mit dem Moderator einer Fernsehsendung durch den Hasenbau der Verschwörungen. Das ist eine sehr dunkle Seite der Gesellschaft, aber wir werden da mit viel Glitzer und Glamour und Showtanz durchschreiten, und es wird von Schritt zu Schritt immer absurder.
Ist die Erde eine Scheibe, Moritz Eggert? Nein. Eine Mozartkugel.
Moritz Eggert hat eine Operette geschrieben, in der alle Verschwörungstheorien wahr werden. Außerdem fürchtet er, dass künstliche Intelligenz bald viele Kreativjobs killt. Ein Gespräch. Weiterlesen...
Moritz Eggert hat mir erzählt, es gibt ganz viele Schauplätze. Wie löst man das?
(Lacht.) Es gibt 28 verschiedene Locations. Das ist eine echte Herausforderung. Christof Hetzer, unser Bühnenbildner, und ich haben auf das System dieser virtuellen Hasenbauten zurückgegriffen. Das Publikum muss, wie im Internet, nicht verstehen, wie man von Punkt A nach Punkt B kommt. Wir kreieren ein schwarzes Loch, in dem der Protagonist steht, und plötzlich öffnet er die Augen und denkt: Ah, ich bin in einem Fernsehstudio. Je weiter wir im Stück gehen und je absurder die Situationen werden, desto bunter werden auch die Kostüme, die Figuren werden überdrehter, das Tanzen wird wilder.
Vieles, was Sie machen, erinnert an Barrie Kosky. Ist er Ihr Vorbild?
Auf jeden Fall! Er hat in Berlin mit der Komischen Oper etwas Einzigartiges geschaffen, auch was die Öffnung des Hauses für alle Gesellschaftsschichten betrifft, und das ist auch unser Ziel. Er ist eine Inspiration. Aber natürlich bin ich ich, und Barrie ist Barrie. (Lacht.)
… es könnte also sein, dass Barrie Kosky auch mal an der Volksoper inszenieren wird?
Das könnte sein. (Lacht.)